Wahre Innovation findet häufig in Bereichen statt, über die man so gut wie nie nachdenkt. Vielleicht haben Sie sich bereits das eine oder andere Mal über eine blockierte U-Bahn-Tür geärgert, die umfassenden Auswirkungen davon sind allerdings den wenigsten wirklich bewusst. Das Problem ist dabei nicht die Tür selbst, sondern der gestörte Verkehrsfluss. Fahrgäste am Bahnsteig müssen sich zum nächsten Einstieg bewegen, Menschen im Fahrzeug sich durch den engen Mittelgang in der Hauptverkehrszeit drängen.
Als Resultat steht die U-Bahn deutlich länger. Blockiert ein Zug im Berufsverkehr bei engen Zugfolgezeiten die Station, kann die nächste U-Bahn nicht einfahren. Durch den Ziehharmonika-Effekt gerät die ganze Linie ins Stocken, Taktung und Fahrplan lassen sich nicht mehr halten. Gegen kleine Türfehler mit großer Auswirkung für den gesamten Nahverkehr bringt die Marke IFE („Innovationen Für Einstiegssysteme“) der Knorr-Bremse nun einen neuen Linearmotor-Antrieb auf den Markt. Mit ihm lassen sich erstmals die beiden Türflügel eines Einstiegssystems, welche üblicherweise mechanisch miteinander gekoppelt sind, unabhängig voneinander antreiben. „Unser LIFEDrive ist die modernste Schiebetür der Welt“, fasst Oliver Schmidt, Vorsitzender der Geschäftsführung, das Ergebnis der Entwicklung zusammen.
Auf gute Lösungen will der Markt nicht warten
Eine naheliegende Idee, die sich als überaus komplex in der Umsetzung erwiesen hat. Bei der sogenannten „Single Door Operator“ Lösung musste das Unternehmen nahezu alle Teile selbst entwickeln. Basierend auf vorhandener Technologie aus anderen Anwendungen oder durch komplette Neukonzeption der Antriebskomponenten ist ein beeindruckendes Produkt entstanden. Ein um ein Drittel verringerter Platzbedarf, 30 % Kostenreduktion über eine Laufzeit von 30 Jahren und eine massive Steigerung der Zuverlässigkeit des gesamten Einstiegssystems sind überzeugende Argumente. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Türflügel gleichzeitig ausfallen, sinkt damit dramatisch.
Die innnovative LIFEDrive-Tür, angebracht in einem Messemodell. © Knorr-Bremse GmbH
Bemerkenswert ist in dem Fall die Branchenreaktion auf diesen Durchbruch. Erstmals wurde das Türsystem im September 2022 auf der Berliner Fachmesse „InnoTrans“ präsentiert. Und obwohl normalerweise niemand der Erste beim Einsatz neuer Technologie sein will - von der Idee bis zum Einsatz vergeht oft ein Jahrzehnt - werden die neuen Zugtüren weltweit deutlich früher zum Einsatz kommen.
IFE hatte bereits vor der Präsentation der Lösung den ersten Auftrag bei Mumbai Monorail gewonnen und das neue Einstiegssystem wird noch im Jahr 2023 seine Premiere im Fahrgastbetrieb in Indien haben.
Freiräume fördern zündende Idee
Projekte dieser Größenordnung gelingen nur mit den richtigen Ressourcen. Um etwas von Grund auf besser zu konstruieren, sind Zeit und Geld wesentliche Faktoren. Durch die 2018 verabschiedete Entwicklungscharta für die gegenständliche Entwicklung ist es dem Unternehmen gelungen, seine Innovationsfähigkeit deutlich zu steigern. Mut und konsequente Transformation ermöglichen neue Freiräume für Projektteams. Das Ergebnis lässt sich unter anderem an vorliegender Neuentwicklung ablesen.
Durch die Unterstützung der FFG hat die Realisierung des neuen Antriebs zusätzlich Anschub bekommen. In Krisenzeiten fallen Entwicklungsprojekte oft als Erstes dem Rotstift zum Opfer. Dementsprechend wurden auch bei Knorr-Bremse während der Coronapandemie Ausgaben, die nicht schnell neuen Umsatz versprachen, reduziert. „Mithilfe der FFG-Förderung haben wir solch strategisch wichtige Entwicklungsprojekte fortführen und abschließen können“, hält Markus Rechling-Greimel, Leiter der Produktentwicklung, fest.
Gezielte Förderung öffnet der Zukunft neue Türen
Langfristig ist die Innovation für die Fahrgäste, die Schienenfahrzeugbranche und das Unternehmen selbst ein großer Gewinn. Besonders vom hausinternen Technologiesprung profitiert Knorr-Bremse IFE nachhaltig. Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Antriebstechnologie werden bei weiteren Lösungen neue Anwendungen finden. Ein Näherrücken zwischen Entwicklung, Markt, Vertrieb und Projektleitung hilft dabei, künftige Produkte besser zu validieren. Neue digitale Lösungen können vor allem bei Sicherheit und Zuverlässigkeit überzeugen.