Oberösterreich zeigt Kreislaufwirtschafts-Kompetenz
6 neue Forschungsprojekte treiben Wiederverwertung verschiedenster Materialien voran
Als Ergebnis der Förderausschreibung „Kreislaufwirtschaft“ wird das Wirtschafts- und Forschungsressort des Landes OÖ sechs Projekte aus dem Bereich Kreislaufwirtschaft fördern:
- Wiederverwertung von Kunststoff-Mehrschichtfolien und verunreinigten Metallabfällen – Projekt „KryoReIF“
- Wiederverwertung von Schaumstoffabfällen – Projekt „HTC-PUR-Extrusion“
- Textil-Mischfasern recyclingfähig machen – Projekt „EnzATex“
- Noch mehr Folienabfälle für Recyclingunternehmen verwertbar machen - Projekt „FolienKreislauf2030“
- Lebensmittelverpackungen zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial herstellen - Projekt „GPOIL“
- Wiederverwertung von Reststoffen aus der Edelpilz-Produktion - Projekt „MycoCycle“
„63 Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben bei unserer Förderausschreibung mitgemacht und damit die hohe Kompetenz Oberösterreich auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft gezeigt. Eine international besetzte Jury hat die sechs erfolgversprechendsten Vorhaben ausgewählt, die nun mit insgesamt 3,35 Mio. Euro vom Land OÖ gefördert werden“, erklärt Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner. Er erwartet bereits 2023 erste Ergebnisse.
Foto - v.l.: DI (FH) Werner Pamminger, Geschäftsführer der Business Upper Austria, Mag.a Dr.in Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der FFG, Wirtschafts- und Forschung-Landesrat Markus Achleitner und Patrick Pammer, Geschäftsführer des Competence Center CHASE. (c) Foto: Land OÖ/Lisa Schaffner
Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus ACHLEITNER:
Oberösterreich soll auch bei Kreislaufwirtschaft zum Zugpferd der Republik werden
Rohstoffe effizient nutzen, die Umwelt schützen und die Produktivität erhöhen - Kreislaufwirtschaft ist Motor für Innovationen und für eine nachhaltige Wirtschaft gleichzeitig: „In kaum einer anderen Region sind die Voraussetzungen für nachhaltige Industrie und Produktion so gut wie in Oberösterreich: Wir haben in unseren Unternehmen und Forschungseinrichtungen vielfältiges Know-how. Wir sind die Kompetenzregion für Werkstoffe – von Stahl und Aluminium über Holz und Verbundwerkstoffe bis Kunststoff. Wir wollen daher die Kreislaufwirtschaft in den verschiedensten Bereichen vorantreiben, 6 neue Forschungsprojekte werden hier einen wichtigen Beitrag leisten“, unterstreicht Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.
„Es ist ein klares Ziel unserer Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030, die Kompetenz in nachhaltiger Produktion verschiedenster Werkstoffe bis hin zur Kreislaufwirtschaft zu erweitern. Dass Oberösterreichs Unternehmen und Forschungseinrichtungen hier bereits höchst innovativ sind, hat das Ergebnis unserer jüngsten Förderausschreibung ‚Kreislaufwirtschaft‘ gezeigt. Im Rahmen der im November 2020 gestarteten Ausschreibung wurden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit besonders hohem Innovationsgehalt gezielt angesprochen, insbesondere F&E-Projekte mit erhöhtem Entwicklungsrisiko, die durch planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse und Fertigkeiten beitragen und letztlich zu neuen nachhaltigen Prozessen und Produkten führen“, erläutert Landesrat Achleitner.
„Mit Blick auf die Ergebnisse des Fördercalls lässt sich sagen: Mission erfüllt. Es hat 15 Einreichungen mit einem Gesamtvolumen von 10,3 Mio. Euro gegeben. Eine internationale Expertenjury mit Juroren aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden hat aus den Einreichungen 10 förderungswürdige Projekte ausgewählt, von denen wiederum die sechs bestgereihten eine Förderung erhalten“, erklärt Landesrat Achleitner. „Konkret werden diese sechs final ausgewählten Projekte insgesamt 3,35 Mio. Euro an Förderungen vom Wirtschafts- und Forschungsressort des Landes OÖ erhalten. Die gesamte Investitionssumme beträgt 4,52 Mio. Euro“, so Landesrat Achleitner. Insgesamt sind an den ausgewählten Projekten
- 14 Unternehmen, darunter die EREMA Group, die Energie AG und Greiner Packaging,
- 9 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie
- die Johannes Kepler Universität Linz
beteiligt.
Nächster Schritt: Modellregion für nachhaltige Kunststofflösungen
Derzeit wird intensiv an einem umfassenden sogenannten Technologie-Roadmapping gearbeitet. Dieses soll bis 2030 darin münden, dass Oberösterreich zu einer Modellregion für nachhaltige Kunststofflösungen geworden ist und seine Unternehmen als Teil dieser Lösungen ihr Know-how in die ganze Welt exportieren. Schlüsselelement ist dabei das Schließen von Kreisläufen, um die Rohstoffproduktivität zu erhöhen sowie Co2 zu reduzieren. „Am Ende dieses Prozesses steht bildlich gesprochen die Vision, den Inhalt des Gelben Sacks zu 100 Prozent nutzbar zu machen“, unterstreicht Wirtschafts- und Forschungslandesrat Markus Achleitner.
Im Juni und Juli fanden bereits drei Workshops mit Vertretern aus Forschung, Wirtschaft (Kunststoffverarbeitung, Lebensmittel, Abfallwirtschaft) und Politik statt, in denen die Grundlagen für den strategischen Plan erarbeitet werden. Im September soll der gesamte Wertschöpfungskreislauf zusammengefasst und die Roadmap für Nachhaltige Kunststoffe 2030 erstellt werden.
Das Roadmapping wird in Kooperation mit dem BMK – Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie umgesetzt. „Oberösterreich mit seiner geballten Kunststoffkompetenz ist hier einmal mehr das Zugpferd für die gesamte Republik. Langfristig wollen wir die Modellregion auf ganz Österreich ausdehnen“, so Wirtschafts- und Forschungslandesrat Markus Achleitner.
Der Kunststoffstandort OÖ im Überblick:
- 220 Unternehmen im Kunststoff-Bereich mit mehr als 38.000 Mitarbeiter/innen
- 11,5 Mrd. Euro Umsatz (50 % des österreichweiten Umsatzes der Kunststoffbranche)
- OÖ zeichnet auf Basis der Anteile am gesamteuropäischen Umsatz (360 Mrd. Euro) mit 0,6 % an der europäischen Kunststoffgüterproduktion verantwortlich (ca. 2,15 Mrd. Euro bzw. 307.000 t)
- Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an der JKU Linz und FH Wels
- Forschungseinrichtungen wie K1 Kompetenzzentrum CHASE, Transfercenter für Kunststofftechnik und LIT Factory
Dr. Henrietta EGERTH, GF FFG:
Kooperation fördert Innovation
„Das 21. Jahrhundert stellt die Menschheit vor enorme Herausforderungen. Klimakrise, Umweltverschmutzung, die Zerstörung von Ökosystemen sowie die zunehmende Verknappung von Ressourcen zeigen die Grenzen linearen Wirtschaftens auf und machen ein Umdenken notwendig. Hier setzt das Konzept der Kreislaufwirtschaft an. Prominent ist die Kreislaufwirtschaft im europäischen Green Deal als ein wesentlicher Hebel adressiert und in der österreichischen Umweltpolitik verankert. Bezugnehmend auf das Regierungsprogramm 2020-2024 wird derzeit auch eine österreichische Strategie zur Implementierung der Kreislaufwirtschaft erarbeitet. Forschung und Entwicklung werden hierbei ein wichtiges Fundament sein. Oberösterreich ist einen Schritt voraus und übernimmt dabei eine Vorreiterrolle“, erklärt Dr. Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG.
OÖ Vorreiter in der Umsetzung von kooperativen F&E-Maßnahmen
Das Konzept, in dem sich Oberösterreich „fit for sustainable solutions“ macht, sieht vor, den Innovationsvorsprung der lokalen Unternehmen in der Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen durch eine effiziente Industrie weiter auszubauen. Kooperation ist dazu das Mittel zum Zweck – die Bündelung von Kompetenzen und Kapazitäten im Themenfeld Kreislaufwirtschaft ist das Ziel. In allen Projekten ist daher zumindest ein Unternehmen als auch eine Forschungseinrichtung oder Universität beteiligt. Diese Zusammenarbeit soll einen wertvollen Austausch und Aufbau von Wissen fördern. Sie ermöglicht aber auch die Ausbildung vieler junger Menschen in diesem wichtigen Zukunftsthema. Die FFG fördert diese Vernetzung und Kooperation, um damit Innovationen zu beschleunigen
Deswegen sind sowohl neue als auch die Ausweitung gut etablierter Kooperationsbeziehungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft so wichtig. „Die FFG unterstützt die regionale Standortentwicklung in Oberösterreich und ist überzeugt, dass mit dem Schwerpunkt Kreislaufwirtschaft dem Ziel der Wiederverwendung von wertvollen Rohstoffen im Sinne eines ganzheitlichen Produktlebenszyklus deutlich nähergekommen wird“, betont FFG-Geschäftsführerin Egerth.
Technologieführerschaft im Land OÖ
Die Anträge zeigen, wie innovativ die heimischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind und wie viel Know-how in Oberösterreich zum Thema Kreislaufwirtschaft bereits vorhanden ist. Die Themen reichen von unterschiedlichsten Methoden die Kunststoffrecyclingquote zu erhöhen, über Lösungen zum Wiederverwenden und Verwerten von Batterien aus E-Autos, über das Erzeugen von neuen Fasern aus Altkleidung, die Verwendung von Substraten aus der Speisepilzerzeugung für Verpackungen, die Gewinnung von wertvollen Phosphorverbindungen aus Klärschlämmen, die Wiederverwendung von Abfällen und Lösemitteln in der Pharmaindustrie bis hin zu rückbaubaren Häusern.
All dies mit dem Ziel, Material, das bisher mit viel Energieaufwand abgebaut oder aus der Erde gewonnen werden muss, durch Materialien zu ersetzen, welche ansonsten deponiert oder verbrannt werden müssten. „In vielen Projekten sollen neuartige Produkte entwickelt werden, die aus ‚Abfällen‘ erzeugt und leicht wiederverwendet werden können. In Summe eine Win-win-Situation für uns alle und insbesondere das Land Oberösterreich, das mit dieser Ausschreibung eine Vorreiterrolle in Österreich einnimmt“, ist die Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft überzeugt.
Recycling ist somit ein wesentlicher Teil im Konzept Kreislaufwirtschaft, es braucht aber mehr, um den weltweiten Ressourcenverbrauch zu reduzieren. In der Ausschreibung war daher - im Sinne des EcoDesign-Aspekts - eine ganzheitliche Betrachtung gefordert. Das bedeutet einerseits, dass Herstellungsprozesse möglichst ressourceneffizient sind und recycelte oder unbedenkliche Rohstoffe verwendet werden. Zusätzlich sollen Produkte so konzipiert werden, dass sie möglichst lange genutzt werden können, z.B. in dem sie wiederverkäuflich (Reuse), leicht zu reparieren sind (Repair, Refurbish), oder sie intensiver genutzt werden können (z.B. in Sharingmodellen). Auch die Nachverwendung sollte mitbetrachtet werden, indem Produkte z.B. einfach zu zerlegen sind und damit Komponenten in ähnlichen (Remanufacture) oder anderen Produkten (Repurpose) weiterverwendet werden können, bzw. im letzten Schritt die verwendetet Materialien vollständig zurückgewonnen werden können (Recycle).
Nachhaltigkeit als Schwerpunkt der FFG
Kreislaufwirtschaft leistet aber auch einen Beitrag für den Green Deal, zur Dekarbonisierung und für sogenannte „Green Jobs“. Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ökologisierung haben daher bei der FFG einen besonderen Stellenwert in den nationalen Förderprogrammen. Auch bei der Entscheidung über eine Förderung ist Nachhaltigkeit mittlerweile ein fix verankertes Bewertungskriterium in einer Reihe von Förderprogrammen.
„Eine aktuell von der FFG beauftragte Studie des WIFO zeigt uns, dass die Phase nach der COVID-19-Krise der Wirtschaftspolitik die Möglichkeit bietet, auf zwei Entwicklungen zu reagieren: den Herausforderungen des Klimawandels und jenen der Digitalisierung. Kreislaufwirtschaft vereint diese beiden Pfade“, hebt FFG-Geschäftsführerin Egerth hervor.
In einem weiteren Schritt hat die FFG mit 1. März 2021 im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) die erste bundesweite Ausschreibung des neuen Förderprogrammes „FTI Initiative Kreislaufwirtschaft“ gestartet, mit dem Ziel, Österreich auf dem Weg in eine kreislauforientierte Gesellschaft zu unterstützen und damit positive Klima- und Umweltwirkungen zu erzielen. Denn Innovation trägt maßgeblich zu Technologieführerschaft bei und kurbelt die Konjunktur an und schafft so langfristig einen Standortortvorteil. Der Fokus der ersten bundesweiten Ausschreibung lag somit auf Innovationen für kreislauffähiges Wirtschaften, Beschaffung und Fertigung; Nutzungsintensivierung von Gütern und Recycling. Insgesamt wurden 71 Projekte eingereicht bei einem Fördervolumen von 8 Mio. EUR und einer 4,9fachen Überzeichnung.
„Klar ist: Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als Recycling. Es ist eine Chance für österreichische Unternehmen, durch innovatives Know-how einen maßgeblichen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftsstandort zu leisten“, betont Dr. Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG.
Patrick PAMMER, Competence Center CHASE GmbH
Nachhaltigkeit durch Digitalisierung
CHASE ist ein Kompetenzzentrum, in dem rund hundert Forscher*innen aus Industrie und Universitäten gemeinsam an mehr Nachhaltigkeit durch Digitalisierung forschen. CHASE, Mitglied des UAR Innovation Network, ist ein COMET-Zentrum, welches durch die FFG, das Land Oberösterreich und das Land Wien gefördert wird.
CHASE arbeitet insbesondere mit der chemischen und der kunststoffverarbeitenden Industrie. Hier können die Wertschöpfungsketten noch deutlich nachhaltiger werden. Der gesamte Energieverbrauch muss weiter reduziert werden, und die eingesetzten MateriaIien müssen nach der Nutzung den Weg zurück in die Produktion finden. In den letzten Jahren ist schon viel erreicht worden, aber für die nächsten großen Schritte sind durchgängige Lösungen der Partner innerhalb der Wertschöpfungsketten notwendig. CHASE führt genau die Kompetenzen zusammen, die es für die Umstellung auf eine nachhaltige Prozessindustrie braucht. Das Kompetenzzentrum CHASE zielt konkret auf die technologische Umstellung von Wertschöpfungsketten auf Wertschöpfungskreisläufe ab; Digitalisierung und neue verfahrenstechnische Ansätze zur Kreislaufwirtschaft gehen dabei Hand in Hand. Den technologischen Kern bildet bei CHASE ein durchgängiges Prozessverständnis der Wertschöpfungskreisläufe. Ganzheitliche Modelle (auch „digitalen Zwillinge“ genannt), die alle wesentlichen Einflussfaktoren erfassen, sind ein Schlüssel zum Erfolg. Denn in der industriellen Anwendung sollen diese Prozessmodelle möglichst robust sein, um mit den großen Schwankungen der Zusammensetzung des im Kreislauf zu führenden Materials zurecht zu kommen.
Die Erarbeitung dieser Modelle ist entsprechend komplex und viele wissenschaftliche Disziplinen müssen etwas zur Gewinnung und Nutzung der relevanten Prozessdaten beitragen.
Das Kompetenzzentrum CHASE bringt 32 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, die das gemeinsam stemmen können. Durch die umfassenden, kooperativen Forschungsarbeiten in den europaweit einzigartigen Forschungsanlagen der LIT-factory können die nächsten großen Schritte in Umstellung zu einer nachhaltigen Prozessindustrie gesetzt werden.
Rückfragen-Kontakt:
Dominik Danner, Presse LR Achleitner, Tel. 0664 600 72-16086
Matthis Prabitz, Presse FFG, Tel. 0664/8841 5882
Markus Käferböck, Business Upper Austria, Tel. 0664/8481240