Wie können sich Krankenhäuser, Pflegeheime und andere Institutionen, wie Behörden, für Blackouts und andere Krisenfälle wappnen? Auskunft gibt der Maßnahmenkatalog „Erhöhung der Versorgungssicherheit im Krisenfall“. Das Handbuch wurde im Rahmen eines KIRAS-Projekts vom Interdisziplinären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) in Graz erstellt und steht Verantwortlichen und Interessierten gratis zur Verfügung.
Das Handbuch beschreibt insgesamt 15 Maßnahmen für Beschaffungsverantwortliche und Krisenbeauftragte von Organisationen sowie für Politik und Verwaltung. Die Maßnahmen umfassen z. B. die Bildung von regionalen Vertrauensnetzwerken, auf die man im Ernstfall setzen kann, ebenso wie die Sensibilisierung der Belegschaft oder das regelmäßige Üben der Krisenreaktion. „Der wichtigste Punkt ist sicher die Eigenanalyse“, sagt Projektleiterin Angelika Tisch, „nämlich die Frage, was muss an Personal und Gütern vorhanden sein, damit eine Organisation im Krisenfall ihre Aufgaben erfüllen kann.“
Von 2019 bis 2021 haben Angelika Tisch, Sandra Karner und Jürgen Suschek-Berger vom IFZ im Rahmen des Projekts „Providentia“ untersucht, wie sich Krankenhäuser, Pflegeheime und Versorgungsunternehmen bestmöglich auf einen Krisenfall vorbereiten können. Aber auch, was Politik und Verwaltung tun müssen, um gut vorbereitet zu sein. Unterstützt wurde das Forschungsteam von den Experten Hannes Pöckelhofer (Projektmanager & Gemeindeberater), Herbert Saurugg (Experte für Blackout-Vorsorge) und Krisenmanager Thomas Prinz. Im Projektbeirat saßen u. a. Vertreter des Bundesministeriums für Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Landwirtschaft, der Abteilung Sicherheitspolitik des Bundeskriminalamtes, des Landes Steiermark, der Energie Steiermark und der Wirtschaftskammer.
Jürgen Suschek-Berger, Angelika Tisch und Sandra Karner vom Interdisziplinären Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) haben Maßnahmen für die Versorgungssicherheit von Institutionen erarbeitet. Foto: textbox.at
2019 waren Krisen noch sehr weit weg
Die Analyse der Ist-Situation stand 2019 am Beginn des Forschungsprojekts für den Maßnahmenkatalog. In Gesprächen mit Vertretern der öffentlichen Hand und in Experteninterviews mit 15 Organisationen wurde der Status quo erhoben. „Da gab es 2019 vor Corona noch mehrere Interviewpartner, die meinten, dass eine allgemeine Krise sowieso nicht so schnell eintreten könne“, erinnert sich Projektleiterin Angelika Tisch. Manche Organisationen hatten daher nur die notwendigsten Schritte zur Krisenvorsorge gesetzt; andere dagegen – wie z. B. die Stadt Feldbach – hatten sich bereits intensiv mit dem Thema befasst und Pläne ausgearbeitet.
Zulieferer nicht gut für Krisenfall gewappnet
In einem weiteren Schritt hat das IFZ im Sommer 2021 fast 100 Unternehmen entlang der Versorgungskette zu ihrer Vorbereitung auf einen Krisenfall befragt, darunter Landwirtschaftsbetriebe, Lebensmittelproduzenten, aber auch Handelsbetriebe. Das Ergebnis war ernüchternd: Nur etwa ein Drittel der Landwirtschaftsbetriebe und ein Viertel der produzierenden Unternehmen könnten bei einem Blackout über mehrere Tage hinweg Notstrom für ihren Betrieb erzeugen. Über die Hälfte der Betriebe ist nicht auf einen Ausfall der Kommunikationsanlagen vorbereitet. Etwas besser bestellt ist es um die Trinkwasserversorgung und um Kraftstoffvorräte für die Fahrzeugflotte.
Empfehlungen für Organisationen, Politik und Verwaltung
Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Die Autoren empfehlen daher im Maßnahmenkatalog, die Ausschreibungen für Zulieferer so anzupassen, dass auch Kriterien der Krisenvorsorge eine Rolle bei der Auftragsvergabe spielen, wenn es z. B. um die Verpflegung von Krankenhäusern und Heimen geht. Ein weiterer Punkt ist die Bevorzugung regionaler Anbieter, um die Lieferketten kurz zu halten. Aber der Maßnahmenkatalog empfiehlt auch Dinge, an die man nicht sofort denkt – wie etwa, dass Krisenteams mit Mitarbeitern besetzt sein müssen, die großen Stress und starke nervliche Belastungen aushalten.
Klare Nicht-Empfehlung: Sonderverträge für den Krisenfall
Eine klare Empfehlung, worauf man sich nicht verlassen sollte, gibt die Broschüre auch: Nämlich auf Verträge mit Unternehmen, die ihre Leistung – etwa Bereitstellung von Treibstoff – ausschließlich im Krisenfall erbringen müssen. „Solche Verträge haben im Ernstfall oft nur Heizwert“, heißt es in einem Experteninterview.