Green Tower Entwicklungs GmbH
Geschäftsführer Univ.-Doz. Mag. Dr. Werner Mussnig
Feistritz 1
9751 Sachsenburg
werner.mussnig@hasslacher.com
#Success-Story: Windkraft in nachhaltiger High-Tech-Holzbauweise
Eine Energiewende ist nur mit breiter Investition in neue Windkraftanlagen möglich. Die Kärntner Green Tower Entwicklungs GmbH als Tochterunternehmen der Hasslacher Gruppe sorgt dafür, dass die ressourcenaufwendigen Türme aus Stahl und Beton bald größtenteils aus Holz gebaut werden können. Das forschungsintensive Projekt steht auch dank langjähriger FFG-Unterstützung nun knapp vor der Realisierung.
Vorteile für die neue Bauweise lassen sich viele aufzählen. Bei knapper werdenden Rohstoffen ist eine erneuerbare und lokale Lösung der Schlüssel zum Erfolg. Sie senkt insgesamt die Kosten und schafft eine bessere Verfügbarkeit. Steigende Preise sind allerdings nicht das Einzige, was der neue Turm besser abfedern kann. Aus technischer Sicht fängt die Holzkonstruktion auch die gewaltigen Lasten besser ab, die auf riesige Rotorblätter wirken. Die neuartige Fachwerkbauweise aus Kärnten ist dank ihrer Konstruktion für alle Turbinengrößen einfach skalierbar und kann an jeden Standort angepasst werden.
Den größten Kräften besser standhalten
Windkraftanlagen tragen Rotorblätter mit bis zu 170 Metern Durchmesser, weisen eine Nabenhöhe von 160 Metern auf und müssen unter dynamischen Belastungen an der Spitze Kräfte von 200 bis 250 Tonnen über eine Nutzungsdauer von 20 Jahren abtragen. Aktuell werden diese Anforderungen mit dem Einsatz von viel Stahl und einem großen Stahlbetonfundament gelöst. Nach rund zwei Jahrzehnten müssen Konstruktion und Fundament immer komplett erneuert werden.
Holz löst alle diese Anforderungen besser, wie man an 100 bis 150 Jahre alten Bäumen erkennen kann. Große Kräfte federt Holz gut ab. Berechnungen im Labor zeigen, dass der Werkstoff über die Zeit stabil bleibt und sich die Nutzungsdauer damit verlängert. Statt eines Flächenfundaments mit bis zu 1.200 Kubikmeter Beton benötigt die innovative Holzbauweise nur vier kleinere Fundamente und damit ein Sechstel der Materialien. Das senkt auch die Kosten für den Rückbau und die damit verbundenen Rücklagen beträchtlich. Erreicht der neue Hybridtower die gleiche Stabilität und ist zu gleichen Kosten herstellbar wie die aktuellen Konstruktionen, hat er alle Vorteile auf seiner Seite.
Umfangreiche Forschung für punktgenaue Lösungen
Besonders innovativ an der heimischen Konstruktion ist die offene Fachwerkkonstruktion. Im Gegensatz zu bisher entwickelten Holztürmen hat sich die Green Tower Entwicklungs GmbH von dem Konzept einer ringförmig geschlossenen Konstruktion mit kreuzverleimten Platten verabschiedet. Eine Reihe alternativer Konstruktionen wurden entwickelt und 2018 bereits der erste Turm zertifiziert. Das Ergebnis war in der Produktion aber zu teuer und damit noch nicht konkurrenzfähig. Logistische Vorteile, geringere Montagefläche sowie die entscheidende Materialeinsparung durch die offene Konstruktion bringen nun die gewünschte Marktreife. Eine geringere durchgerechnete Wandstärke führt zu einer Einsparung von zwei Drittel des Materialeinsatzes. Einwirkende Kräfte werden entlang der Stäbe eindeutiger verteilt, die nötigen Verstärkungen sind leichter zu kalkulieren. Insgesamt ist der Hybridtower damit besser skalierbar und passt sich der Entwicklung neuer Turbinen einfacher an.
Obwohl der Hybridturm für Windkraftanlagen zu 97 % aus Holz besteht, folgt die Entwicklung einem ganz pragmatischen Ansatz. „Wir verwenden immer jenes Material, das für den jeweiligen Einsatz am besten geeignet ist“, führt Geschäftsführer Werner Mussnig aus. Ein hoher Vorfertigungsgrad und Risikominimierung stehen im Vordergrund. Für die neuralgischen Punkte kommen Metallstücke zum Einsatz, die sich auf der Baustelle passgenau und schnell miteinander verbinden lassen.
Nachhaltigkeit von Anfang bis Ende weitergedacht
Für die ambitionierte Entwicklung hat die Green Tower Entwicklungs GmbH ein Forschungsnetzwerk in den Universitätsstädten Graz, Stuttgart, Wiesbaden, Leipzig, Braunschweig und München aufgebaut und setzt auf die geballte Fertigungsfähigkeit des Mutterunternehmens, der Hasslacher Gruppe. Der erste Prototyp des Hybridtowers soll im Herbst 2023 errichtet werden.
In einer aktuellen Master-Thesis aus dem Forschungsnetzwerk wurde berechnet, dass der Hybridturm durch seine Konstruktion mindestens 1.000 Tonnen CO₂ während seines Produktionsprozesses gegenüber bisher eingesetzten Turmkonzepten einspart. Bei über 3.000 Multimegawatt-Anlagen, die in Europa jährlich errichtet werden, eröffnet sich hier ein beträchtliches Potenzial. Kleinere Fundamente und Materialeinsparung sind ebenso entscheidend wie die nachhaltige Fertigung unter Einsatz erneuerbarer Energie bei Hasslacher. Das Recyclingkonzept sieht vor, dass der Turm nach 20 Jahren demontiert und das verwendete Holz weitere 50 Jahre für statische Konstruktionen eingesetzt wird. In 70 Jahren ist der verwendete Rohstoff wieder vollständig nachgewachsen.
FFG-Förderung hilft dabei, Neuland zu betreten
Ein komplexes Projekt wie den „Hybridturm WKA“ umzusetzen, benötigt einen langen Atem. „Durch die Kombination von technischem Verständnis, sinnvoller Vernetzung und weitreichender Erfahrung hat uns die FFG entscheidend unterstützt“, lobt Projektleiter Werner Mussnig die Zusammenarbeit. Zuschüsse helfen Unternehmen ebenso wie Impulse aus anderen Unternehmen. Antragstellung und Zwischenberichte zwingen alle Beteiligten zu einer systematischen Arbeitsweise. Das zahlt sich besonders bei langfristigen, umfassenden und kostenintensiven Entwicklungen aus.
Für die Beteiligten ist auf jeden Fall der Beweis erbracht, dass man mit Holz zeitgemäße Hightech-Anlagen bewerkstelligen kann. Durch die hohe Wettbewerbsfähigkeit ist das Konsortium überzeugt, dass der Energiemarkt auf dieses Konzept dringend wartet.