Wissenschaft und Diplomatie mit produktiven Schnittstellen
Der Begriff Wissenschaftsdiplomatie umreißt den Interaktionsraum zwischen Institutionen von Wissenschaft und Forschung und jenen der Außenpolitik und Diplomatie. Ein EU-Projekt unter Koordination des Wiener Zentrums für Soziale Innovation (ZSI) lotet Potenziale aus, diesen Raum für einen produktiven Austausch zur Adressierung globaler Herausforderungen zu nutzen.
Collage by S4D4C. Visualisation of open science: Why Open Science?
Graphic for University of Cape Town, Gaelen Pinnock, CC-BY-SA-4.0.
Der Kontext
Außenpolitik und Diplomatie brauchen die Expertise aus Wissenschaft und Forschung. Die globalen Herausforderungen werden zunehmend komplexer, und die adäquate Interpretation und Adressierung von Machtverschiebungen und geopolitischen Interessenslagen erfordern wissenschaftlich fundiertes Wissen. Forschungsnetzwerke können zudem das Verständnis zwischen Positionen unterschiedlicher Länder und damit internationale Beziehungen verbessern. Umgekehrt bedarf es auch außenpolitischer Gestaltungskraft und diplomatischer Initiativen, um wissenschaftliche Zusammenarbeit über Grenzen zu erleichtern und zu fördern. Zwischen Wissenschaft und Diplomatie eröffnet sich damit ein gemeinsames Interaktionsfeld, das dem beidseitigen Bedarf an strukturiertem Austausch entspricht: die Wissenschaftsdiplomatie. Das EU-Forschungsprojekt „Using Science Diplomacy for Addressing Global Challenges“ (S4D4C) setzt sich zum Ziel, die Wissenschaftsdiplomatie in Europa zu stärken, und beschäftigt sich dazu mit aktuellen und historischen Fallstudien, um daraus Politikempfehlungen und Aus- und Weiterbildungsangebote abzuleiten.
Das Projekt
Das Projekt bringt ExpertInnen der Außen- und Wissenschaftspolitik sowie Wissenschaftsdiplomatie und diplomatische Einrichtungen zusammen. Das gemeinsame Ziel ist die Stärkung der europäischen Wissenschaftsdiplomatie, um die Ziele der EU-Außenpolitik besser zu erreichen und Lösungsansätze für globale Herausforderungen zu entwickeln.
Dazu leistet das Projekt folgende Beiträge:
- Sozialwissenschaftliche Analyse mit Erstellung eines „State of the art“-Reports und kritischer Analyse des Diskurses um Wissenschaftsdiplomatie sowie die Erarbeitung von neun Fallstudien.
- Aufbau effektiver und effizienter Schnittstellen für europäische Wissenschaftsdiplomatie und einer „Science Diplomacy Community“ auf allen Kontinenten, mit der das Projekt in Veranstaltungen, via social media und persönlich interagiert.
- Politikberatung zu Fragen wissenschaftsdiplomatischer Tätigkeitsfelder der EU und ihrer Mitgliedstaaten sowie Kurzberichte und Inputs in aktuelle forschungspolitische Diskussionen auf der EU-Ebene (z. B. 150+ Unterschriften der „Madrid Declaration on Science Diplomacy“) und Erarbeitung eines Governance-Rahmens.
- Erhebung von Trainingsbedürfnissen und Erstellung von Trainingsmaterialien und Curricula; Verbesserung der Ausbildung mit klareren Profilen und gestärkten Identitäten europäischer (und österreichischer) WissenschaftsdiplomatInnen, dazu Durchführung eines „massive open online course“ (mit bereits mehr als 5000 TeilnehmerInnen) und zahlreicher Online- und Offline-Veranstaltungen.
- Stärkung der Kapazitäten und Wissensressourcen für europäische WissenschaftsdiplomatInnen sowie deren Sichtbarkeit.
Das Konsortium
Das Projekt wird vom Zentrum für Soziale Innovation (Wien) koordiniert und umfasst insgesamt zehn Partner, die sich einerseits mit akademischer Forschung und andererseits mit praktischer Umsetzung von Wissenschaftsdiplomatie beschäftigen.
Die Projektteilnehmer:
- Zentrum für Soziale Innovation GmbH, Österreich
- Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, Deutschland
- Karls-Universität Prag, Tschechien
- Universität Twente, Niederlande
- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutschland
- The World Academy of Sciences/UNESCO, Italien/Frankreich
- Universität Sheffield, Großbritannien
- Foundation for Science and Technology, Spanien
- Universität Lille, Frankreich
- Diplomatische Akademie Wien, Österreich
Die Rolle der österreichischen Partner
Das ZSI bringt seine Netzwerke und Erfahrungen im Bereich der internationalen Forschungs- und Wissenschaftspolitik ein und ist als Koordinator sowohl in den analytischen als auch praktischen Teilen tätig. Elke Dall ist die Projektkoordinatorin.
Projektkoordinatorin Elke Dall (Foto: Emil Jankovic)
Die Diplomatische Akademie Wien stärkt das Projekt durch ihre Erfahrung mit der Aus- und Weiterbildung von DiplomatInnen und den Kontakten in diese Akteursgruppen.
Der europäische Mehrwert
Elke Dall: „Wie könnte man von einem EU-Projekt NICHT profitieren? Es ermöglicht das Arbeiten an spannenden inhaltlichen Projekten, es erlaubt interessante Kooperationserfahrungen, man kann eine Gruppe lenken, die sich daran versucht, ein Feld voran zu bringen, und ist auch direkt in Politikberatung auf nationaler und internationaler Ebene involviert. Transdisziplinäres Arbeiten auf internationaler Ebene macht einfach Spaß. Wenn Projekte mit einem Fokus auf die Wirkungsdimension geplant sind, dann bleibt auch das Feedback nicht aus: zum Beispiel dass sich bereits mehr als 5000 Personen für unseren Onlinekurs registrierten oder dass EU-Kommissarin Mariya Gabriel für unser Projekt einen Online-Artikel verfasst hat.“ (siehe: https://www.s4d4c.eu/insights-from-commissioner-mariya-gabriel-towards-the-european-union-science-diplomacy/ )
Horizon 2020: 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation
Das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 ist das weltweit größte transnationale Programm für Forschung und Innovation. Rund 75 Milliarden Euro stehen im Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt als National Kontaktstelle (National Contact Point, NCP) ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden von mehreren Ministerien und der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt.