In einem "Horizon 2020"-Projekt wird die medizinische Diagnostik durch den Einsatz neuartiger Teststreifen entscheidend weiterentwickelt.
Schnell soll sie sein, präzise und kostengünstig – die medizinische Diagnostik muss mehrere Anforderungen erfüllen. Aufgrund des wachsenden Bedarfs wird intensiv an neuen Konzepten für die patientennahe Diagnostik geforscht, so auch im Projekt IMPETUS. Mit Mitteln aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon 2020" sollen neue Diagnosemöglichkeiten entwickelt werden. Konkret geht es um Papier-basierte, diagnostische Teststreifen zur quantitativen Detektion von Biomolekülen in Blut, die die Ergebnisse direkt auf Smartphones liefern. Das Projekt wird vom AIT Austrian Institute of Technology koordiniert und hat drei weitere österreichische Partner an Bord, darunter Infineon Technologies Austria. Projektkoordinator Rainer Hainberger erwartet sich einen "echten Innovationsschub". Wertvolle Basis für das erfolgreiche Einwerben europäischer Mittel war ein Projekt auf nationaler Ebene, das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert wurde.
Digitale Diagnose: In IMPETUS wird daran gearbeitet, Diagnosemöglichkeiten zu verbessern.
Fotocredit: AIT Austrian Institute of Technology GmbH
In der medizinischen Diagnostik gibt es eine steigende Nachfrage nach kostengünstigen, schnellen, einfach handhabbaren und quantitativen Detektionssystemen für molekulare Biomarker. Diese Systeme sollen die Lücke zwischen den derzeitig verfügbaren nicht-quantitativen Tests (z.B. einfache Farbteststreifen) und aufwändigen Analysen in Speziallabors schließen. IMPETUS wird Papier-, Druck- und Mikrochip-Technologien kombinieren und eine Pilotlinie realisieren, um die Herstellung von Teststreifen in einer industrienahen integrierten Fertigungsstraße mit massenfertigungstauglichen Prozessen zu ermöglichen.
Neue Technologien zur Realisierung funktioneller papier-basierter Diagnoseteststreifen werden entwickelt.
Fotocredit: Labordruckmaschine des Institutes für Print- und Medientechnik (pmTUC) der TU Chemnitz
Erstes Anwendungsbeispiel wird ein voll-integrierter Test auf bakterielle und virale Infektionen sein. Bisher übliche Tests benötigen ein eigenes, größeres Messgerät und messen nur ein bestimmtes Protein. Der von IMPETUS entwickelte Teststreifen wird die Messdaten mit Hilfe eines Mikrochips direkt auf das Smartphone des Benutzers übertragen und durch die Messung mehrerer Parameter besser als bisher zwischen einer bakteriellen und einer viralen Infektion unterscheiden können. Damit kann rasch über eine geeignete Behandlung entschieden und der unnötige Einsatz von Antibiotika vermieden werden. Dies hilft auch Kosten zu sparen. Der Weg führt dabei über die Entwicklung von Spezialpapieren, Spezialtinten und entsprechenden Rolle-zu-Rolle Druckprozessen, einer gedruckten Batterie, sowie einer Methode zur Mikrochip-Bestückung am laufenden Band. Parallel dazu wird das zugrundeliegende neuartige elektrochemische Messprinzip etabliert und der Mikrochip darauf abgestimmt.
Die Pilotlinie soll nach Projektende interessierten Firmen für Testproduktionen oder Kleinserien zur Verfügung stehen.
Fotocredit: DPI Holding Gmbh
Konsortium mit 12 Partnern aus drei Ländern
Das IMPETUS-Konsortium vereint die Expertise von zwölf Partnern, darunter drei Forschungsorganisationen, zwei KMUs und sieben große Unternehmen aus diversen Gebieten wie Papierherstellung und Papierrecycling, Herstellung von Spezialdrucktinten, Drucktechnik, Elektronik, Systemintegration und medizinische Diagnostik.
Die Kooperationspartner im Überblick:
1. AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Österreich (Projektkoordinator)
2. DPI Holding GmbH, Österreich (inkl. der Tochtergesellschaften EPI GmbH und kbprintcom.at Druck)
3. Infineon Technologies Austria AG, Österreich
4. Maurer Services GmbH, Deutschland
5. Melecs EWS GmbH, Österreich
6. Papiertechnische Stiftung, Deutschland
7. R-Biopharm AG, Deutschland
8. Ricoh U.K. Products Ltd, Großbritannien
9. Saralon GmbH, Deutschland
10. Schoeller Technocell GmbH & Co. KG, Deutschland
11. Gwent Electronic Materials Ltd., Großbritannien
12. Technische Universität Chemnitz, Deutschland
Rainer Hainberger vom AIT koordiniert das ambitionierte "Horizon 2020"-Projekt.
Fotocredit: AIT Austrian Institute of Technology GmbH/Johannes Zinner
EU-Forschungsförderung sehr attraktiv
"EU-Projekte wie IMPETUS bieten eine einzigartige Möglichkeit zur Realisierung ambitionierter Forschungs- und Entwicklungsvorhaben und ermöglichen so einen echten Innovationsschub für die europäische Industrie", unterstreicht Projektkoordinator Rainer Hainberger (AIT) den Mehrwert der europäischen Forschungsförderung. "Derart große und komplexe Projekte benötigen diverse Partner mit unterschiedlicher, spezifischer Expertise, welche auf nationaler Ebene oft nicht zu finden sind", so Hainberger. Das Finanzierungsmodell der EU für diese Art von Projekten sei sehr attraktiv für Firmenpartner und helfe enorm dabei, geeignete Industriepartner mit der nötigen Expertise zu gewinnen.
FFG-Förderung als wichtige Basis für "Horizon 2020"-Projekt
Basis für das erfolgreiche Einwerben der „Horizon 2020“-Mittel war das von der FFG im Rahmen der 7. Ausschreibung des Programms "Produktion der Zukunft" geförderte Projekt PIONIER. "Sowohl einige der Zwischenergebnisse von PIONIER als auch die generell in der Zusammenarbeit mit den Partnern gemachten Erfahrungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir die Projektidee IMPETUS überhaupt in Angriff genommen haben und ausreichend Firmenpartner für ein starkes Konsortium gewinnen konnten", betont Hainberger. Das zeige sich auch darin, dass zwei der Unternehmenspartner aus PIONIER (DPI Holding und Infineon Technologies Austria AG) bei IMPETUS ebenso als Partner dabei sind.
"Horizon 2020": Rund 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation
Das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ ist das weltweit größte, transnationale Programm für Forschung und Innovation. Rund 75 Milliarden Euro stehen im Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt als Nationale Kontaktstelle (National Contact Point, NCP) ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden von mehreren Ministerien (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung/BMBWF, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort/BMDW, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie/BMVIT und weiteren) und der Wirtschaftskammer Österreich finanziert.