Mit Unterstützung der FFG und europäischen Forschungsmitteln bringt das Unternehmen Viewpointsystem eine disruptive Datenbrille auf den Markt.
"Ich seh' ich seh' was Du nicht siehst…" – wer kennt das (un)beliebte Spiel etwa auf langen Autofahrten nicht? "Ich seh' ich seh' was Du AUCH siehst" heißt es hingegen Dank Viewpointsystem. Und damit nicht genug: Die eingesetzte "Digital Iris"-Technologie kann anhand der Augenbewegungen und Pupillenreaktionen sogar erkennen, was der Brillenträger wirklich kognitiv (nicht) wahrnimmt und was er dabei fühlt. So ermöglicht das am Wiener Franz-Josefs-Kai angesiedelte Unternehmen eine völlig neue, intuitive Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Die Datenbrille hat den Praxistest bestanden und kommt im B2B-Bereich etwa in Industrie, Verkehr, Handel und Medizin zum Einsatz. Der Sprung auf den Markt und der Aufbau der globalen Technologie-Führerschaft sind auch mit Fördermitteln aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon 2020" (KMU-Instrument) und Unterstützung der FFG gelungen.
Die Datenbrille wird vor allem in Unternehmen eingesetzt.
Fotocredit: Christian Maricic
Der Erfolg von Datenbrillen hängt insbesondere davon ab, wie gut es gelingt, biometrische Daten und die entsprechende Technologie zu verknüpfen. Die geförderte und patentierte Digital Iris-Technologie bringt Datenbrillen auf ein neues Level, indem sie Eye Hyper-Tracking und Mixed Reality kombiniert. So kann sie das Informationsbedürfnis des Trägers über die Schnittstelle der Augen erkennen und ihm zu jeder Zeit die richtige Information vor dem Auge bereitstellen. Welche Informationen aus der Umwelt nimmt der Träger in einer bestimmten Situation nicht wahr und sollte darauf hingewiesen werden? Welche Dinge erregen unterbewusst seine Aufmerksamkeit, worüber möchte er mehr erfahren?
Eingesetzt werden die Brillen zunächst vornehmlich in Unternehmen, wo sie Mixed Reality intuitiv und nutzerfreundlich in die Praxis integrieren. Der Träger kann intuitiv über Augen-Gesten mit dem digitalen Content interagieren – und so beispielsweise allein mit seinem Blick einen Barcode oder QR-Code auswählen. Barcode-Scanning-Prozesse in Logistik und Handel werden so schneller und effektiver, da der Träger die ganze Zeit die Hände frei für die Arbeit hat. Im Bereich Mobilität und Verkehr kann das System erkennen, wenn beispielsweise ein Fahrzeugführer eine wichtige Information übersieht und so helfen, menschliche Fehler zu vermeiden. Auch bei der Fernwartung von Maschinen und zum Einbinden von Experten an anderen Standorten per "Remote Support" wird die Brille eingesetzt.
Benutzerfreundlichkeit
Größte Herausforderung bei der Entwicklung und weiteren Optimierung der Datenbrille ist die Robustheit des mobilen Systems, damit die Träger die Brille unter realen, zum Teil auch unkontrollierten Bedingungen wie bspw. wechselnden Lichtverhältnissen bestmöglich nutzen können. Laut Kunden ist die mangelnde Robustheit die größte Schwäche der bisher am Markt befindlichen Produkte. Erklärtes Ziel von Viewpointsystem ist es daher, die Datenbrille genauso benutzerfreundlich zu machen wie eine herkömmliche Brille. Essentiell dafür sind u.a. eine extrem schnelle Kalibrierung und die "Out of position"-Erkennung des neuen dynamischen Kalibriersystems, welche das Verrutschen der Brille während des Gebrauchs kompensiert.
Die Datenbrille ermöglicht eine völlig neue, intuitive Interaktion zwischen Mensch und Maschine.
Fotocredit: Christian Maricic
Ermittlung der genauen Blickrichtung
Eine weitere Herausforderung, der sich das ambitionierte und interdisziplinäre Team bei Viewpointsystem stellt: Die genaue Blickrichtung und Kopfbewegungen der Träger sollen möglichst exakt ermittelt werden. Die optimale bidirektionale Interaktion zwischen dem Träger und dem System wird u.a. durch die Echtzeit-Bildverarbeitung gewährleistet: Diese neue Funktion lässt genau erkennen, was der Träger in jedem einzelnen Moment sieht.
Weltweiter Markt
Viewpointsystem strebt eine weltweite Vermarktung mit Schwerpunkt auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt an. Um kommerziell erfolgreich zu sein, soll das Produkt zügig in die Volumenproduktion gehen. Weitere Ziele sind die Generierung von zusätzlichen Patenten neben den bestehenden drei Patentfamilien, der Forschungs- & Know-how-Aufbau in Österreich, die Zusammenarbeit mit namhaften österreichischen und europäischen Lieferanten und die Etablierung einer eigenen Mikromontage zur Erhaltung des Prozess-Know-hows.
CEO Nils Berger und Projektleiter Frank Linsenmaier konnten mit ihrem Team erfolgreich europäische Forschungsmittel einwerben und spielen in der europäischen KMU Champions League.
Fotocredit: Viewpointsystem
Standortentscheidender Motivationsschub
Projektleiter und CTO Frank Linsenmaier unterstreicht den Mehrwert der europäischen Förderung: "Zum einen hat die EU-Förderung intern einen gewaltigen Motivationsschub gebracht. Zum anderen tragen wir die Auszeichnung, eine der europaweit höchsten Förderungen im Bereich 'Open Disruptive Innovation' zu erhalten, stolz nach außen." Das sei sowohl beim Recruiting "ein absolutes Plus" als auch in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Unternehmens in der Öffentlichkeit und gegenüber Investoren. "Last but not least: Die Förderung ermöglicht es uns überhaupt erst, unser Unternehmen in Europa zu halten und hier eine globale Technologie-Führerschaft mitaufzubauen", ergänzt CEO Nils Berger. Der Erfolg wie etwa der "CES 2019 Innovation Honoree Award" und der "IOT World Cup Award 2019" sind Anerkennung und weiterer Ansporn zugleich.
European Innovation Council (EIC)
Das KMU-spezifische Instrument im EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon 2020" gilt als europäische KMU Champions League, da es sehr kompetitiv ist. Die nächste Einreichphase für die so genannte "Phase 2" (bis zu 2,5 Millionen Euro Förderung) endet am 9. Oktober 2019, die Expertinnen und Experten der FFG beraten gerne in sämtlichen Phasen der Antragsstellung. Im nächsten EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, "Horizon Europe" (2021 – 2027), soll der neu geschaffene Europäische Innovationsrat (European Innovation Council, EIC) verstärkt disruptive Innovation fördern und insbesondere auch beim Markteintritt unterstützen.
"Horizon 2020": Rund 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation
Das EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizon 2020" ist das weltweit größte, transnationale Programm für Forschung und Innovation. Rund 75 Milliarden Euro stehen im Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt als Nationale Kontaktstelle (National Contact Point, NCP) ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden von mehreren Ministerien (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung/BMBWF, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort/BMDW, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie/BMVIT und weiteren) und der Wirtschaftskammer Österreich finanziert.