Vor rund 40 Jahren wurden erste Ergebnisse zur Brillouin-Spektroskopie von Zellen und Gewebe veröffentlicht – seither wird auf diesem Gebiet der optischen 3D-Messung viel geforscht, auch in der von der FFG unterstützen COST-Aktion "BioBrillouin": Das mit EU-Mitteln geförderte Netzwerk zur Weiterentwicklung der Brillouin-Lichtstreuung in den Bereichen Life Science und biomedizinische Forschung wird vom Vienna BioCenter koordiniert. Ziel ist es, mit Forschern verschiedener Disziplinen die Brillouin-Mikrospektroskopie zu einem routinemäßigen Forschungs- und Diagnosewerkzeug zu entwickeln, um biologische Proben noch besser analysieren zu können. Das ist bspw. für die Krebsforschung hochrelevant.
In den vergangenen Jahren haben sich Hinweise gehäuft, wonach die mechanischen Eigenschaften von Zellen und Gewebe nicht nur für biologische Funktionen kritisch sind, sondern auch mit dem Auftreten von zahlreichen Krankheiten wie etwa Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung stehen. Biomechanik und Mechanobiologie haben sich daher zu wichtigen Forschungsfeldern entwickelt. Die Messung mechanischer Eigenschaften mit hoher räumlicher Auflösung war bisher auf Techniken beschränkt, die nicht in der Lage sind, eine Zelle oder ein Gewebe dreidimensional zu untersuchen. Mittels Brillouin-Spektroskopie können mechanische Eigenschaften von Proben optisch in 3D gemessen werden. Hocheffiziente bildgebende Spektrometer, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden, ermöglichen es Forscherinnen und Forschern damit, lebende biologische Proben sehr genau zu untersuchen.
Beispiel eines Brillouin-Mikroskops mit bildgebendem Spektrometer
Fotocredit: VBCF Advanced Microscopy Facility
Die COST-Aktion "BioBrillouin" bringt erstmals Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen des optischen Designs, der Materialwissenschaften, der Biowissenschaften und der biomedizinischen Forschungzusammen. Gemeinsames Ziel in diesem interdisziplinären Projekt ist es,die Brillouin-Mikrospektroskopie zu einem routinemäßigen Forschungs- und Diagnosewerkzeug zu entwickeln. Es wird an weiteren Verbesserungen gearbeitet, um die gemessenen Signale noch genauer interpretieren und Signale in streuendem Gewebe messen zu können.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der "Training School", Jänner 2018 in Heidelberg.
Fotocredit: European Molecular Biology Laboratories (EMBL)
COST-Aktion umfasst 17 Partner
"BioBrillouin" umfasst derzeit 17 Partner aus Europa, aber auch Israel, Indien, Australien und den USA. Das Vienna BioCenter Core Facilities (VBCF) koordiniert das Projekt, aus Österreich sind weiters die Technische Universität Wien und die Universität Wien mit an Bord. "Unser Ziel ist es, mit dieser COST-Aktion Kollaborationen der verschiedenen Forscherinnen und Forscher, die bereits auf diesem Gebiet arbeiten, zu fördern und neue ForscherInnen für das Gebiet zu gewinnen", erläutert Projektkoordinator Kareem Elsayad (VBCF). "Weiters schaffen wir ein Forum für Diskussionen über die neuesten Themen der Brillouin-Microspektroskopie und fördern die interdisziplinäre Zusammenarbeit, um neue Anwendungen zu erforschen." Zudem soll öffentliches Bewusstsein für den Forschungs- und Anwendungsbereich von Brillouin-Mikrospektroskopie gefördert und die nächste Generation an Forscherinnen und Forschern auf diesem Gebiet ausgebildet werden. Speziell aus weniger forschungsintensiven Staaten werden junge Forscherinnen und Forscher zB mit Reise- und Konferenzzuschüssen unterstützt. Forciert wird auch die Beteiligung der Industrie und des akademischen Sektors, um den Prozess der Markteinführung von Brillouin-Spektrometern zu beschleunigen.
Projektkoordinator Kareem Elsayad, Vienna BioCenter Core Facilities (VBCF).
Fotocredit: VBCF
Projektkoordination am Vienna BioCenter
Kareem Elsayad wurde von den Mitgliedern der COST-Aktion zum Vorsitzenden gewählt und koordiniert die gesamten Aktivitäten des Netzwerkes. Er bringt als Leiter der Advanced Microscopy Facility am Vienna BioCenter viel Erfahrung und Expertise in der optischen Mikroskopie/Spektroskopie sowie Biophysik mit. Derzeit bereitet Kareem Elsayad u.a. das zweite BioBrillouin-Treffen vor, das Mitte September in Perugia (Italien) stattfinden wird. Weiters ist eine "Training School" für Jänner 2019 in Lyon, Frankreich in Planung.
COST – Unterstützung und Koordination von Forschungsinitiativen in Europa und weltweit
COST (European Cooperation in Science and Technology) ist neben dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizon 2020" (2014 – 2020) eine der wichtigsten Säulen der Förderung von Forschungszusammenarbeit in Europa und damit ein essentieller Baustein des Europäischen Forschungsraums. Durch COST-Aktionen werden thematisch offene Forschungsnetzwerke gefördert und auf diese Weise ein gemeinsamer Austausch sowie eine verbesserte Koordination von Forschungsaktivitäten inklusive der Verbreitung ihrer Ergebnisse ermöglicht. COST bietet außerdem die wertvolle Möglichkeit, jüngere Forscherinnen und Forscher in Netzwerke mit einzubeziehen und durch maßgeschneiderte Aktivitäten zu ihrer Weiterbildung beizutragen.