#Success Story: ARTIS - Das Potenzial von Kunst für gesellschaftliche Veränderung

Ein europaweites Konsortium unter Koordination der Fakultät für Psychologie der Universität Wien versucht in einem EU-geförderten Forschungsprojekt ein empirisch und theoretisch fundiertes Verständnis dafür zu erarbeiten, was Kunsterfahrung in den Menschen bewirkt. Daraus soll das Potenzial der Kunst für gesellschaftliche Veränderung erschlossen werden.

Mitglieder des ARTIS-Konsortiums bei der digitalen Konferenz im August 2020
Mitglieder des ARTIS-Konsortiums bei der digitalen Konferenz im August 2020

Der Kontext

Was kann Kunst? Und was soll sie können? Hat sie neben ihren ästhetischen Ansprüchen auch einen gesellschaftlichen Auftrag? Kann sie gar den Gang der Welt ändern? Fragen wie diese sind steter Quell für kunsttheoretische Debatten. Fest steht, dass Kunst uns beeindruckt, in den hehren Hallen großer Museen oder Opernhäuser ebenso wie in unserer Alltagserfahrung, in der Begegnung mit alten und neuen Medien und der unvermeidlichen Werbewelt. Was aber passiert mit uns unter dem Eindruck der Kunst? Welchen Einfluss hat die Interaktion mit Kunst auf unsere Wahrnehmung, auf unser Wertesystem, auf die Beständigkeit oder Fragilität unserer etablierten Erzählungen? Dies auf eine systemische Weise zu erforschen, ist das Ziel des EU-unterstützen Forschungsprojekts eines internationalen Konsortiums unter Leitung der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Damit soll ein klarerer Blick eröffnet werden auf das Potenzial von Kunst, eine treibende Kraft gesellschaftlicher Veränderung zu sein, und auch darauf, was die Politik beitragen kann, Kunst dazu zu ermächtigen.

Das Projekt

Um zu verstehen, wie Politik das Potenzial der Kunst als gesellschaftlich transformative Kraft unterstützen und fördern kann, definiert dieses Projekt ein systematisches Programm, welches Perspektiven von Künstler*innen, Kunstpädagog*innen und anderen Kunstakteur*innen mit empirischer und theoretischer Forschung zum Kunstengagement verbindet.

Das Programm integriert modernste empirische Ansätze aus Psychologie, Neurowissenschaften, Phänomenologie und fortgeschrittenen mathematischen Modellen, um in einer Reihe von Untersuchungen spezifische Typen der Kunsterfahrung zu identifizieren. Dazu werden zunächst Erfahrungen, die Menschen in führenden Museen, urbanen Zentren, daheim, am Arbeitsplatz und im Alltagsleben in ganz Europa mit Kunst machen, erfasst.

Diese Erfahrungen werden in Beziehung gesetzt zu den Veränderungen auf individueller (neurokognitiver, emotionaler, gesundheitlicher) und gesellschaftlicher (prosoziale und politische Einstellungen) Ebene, die sie auslösen. Auf diese Weise wird erstmals eine umfassende Grundlage für das Verständnis und die Operationalisierung von Kunsterfahrungen geschaffen: Was sind die psychologischen Prozesse der verschiedenen Arten von Reaktionen auf Kunst? Was ist die psychologische und empirische Grundlage für transformative Begegnungen? Was sind die tatsächlich nachhaltigen Auswirkungen auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene, die sich aus dem Kunstengagement ergeben können?

Die daraus abgeleiteten empirischen Daten werden auf der Basis theoretischer Ansätze der Philosophie, der Politikwissenschaft und der Kunstkritik kontextualisiert und getestet. Dieser empirische und theoretische Fokus verknüpft sich dann mit einer Reihe von Interventionen, Workshops und Experimenten, die von Kunstschulen, Künstler*innen und Galerien gemeinsam entwickelt werden.

Die durch dieses umfassende Programm gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich umgesetzt in spezifische handlungsorientierte Instrumente und Politik-Richtlinien, die von wesentlichen Stakeholdern in Kunst und Kultur disseminiert werden.

Das Konsortium

Getragen wird die Projektarbeit von einem Team internationaler Forscher*innen in den Fächern Psychologie, Neurowissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte, das zwischen Wien, Aarhus, Berlin, Oxford, Amsterdam, Belgrad und London über vier Jahre an einer Vielzahl von Studien arbeiten wird.

Die Projektteilnehmer:

  1. Universität Wien: Fakultät für Psychologie, AT
  2. Humboldt-Universität zu Berlin: Berlin School of Mind and Brain, DE
  3. University of Amsterdam: Fakultät für Psychologie, ND
  4. Aarhus University: School of Culture and Society - Interacting Minds Center, DK
  5. Warburg Institute/Royal Holloway: Fakultät für Psychologie, UK
  6. University of Arts Belgrade: Fakuktät für Schauspielkunst, RS
  7. Interdisciplinary Forum Neurourbanism, DE
  8. University of Oxford: The Ruskin School of Art, UK
  9. Art School Berlin-Weissensee: Künstlerisch Gestalterische Grundlagen, DE

Die Rolle des Österreichischen Partners

Die Aufgabe der Fakultät für Psychologie an der Universität Wien ist es, das Gesamtprojekt und insbesondere die empirischen Arbeitspakete zur Untersuchung von Kunsterfahrungen zu leiten. Dazu gehört in erster Linie die Durchführung einer Vielzahl von Studien mit Museumspartnern in Wien (z.B. die Albertina), aber auch in Partnerstädten in der EU (z.B. Biennale Venedig).

Projektkoordinator Matthew Pelowski
Projektkoordinator Matthew Pelowski

Der europäische Mehrwert

Projektkoordinator Matthew Pelowski: „Dieses Projekt hat zum einen eine großartige Gelegenheit geboten, ein Forschungsprogramm durchzuführen, welches meines Erachtens absolut notwendig ist. Seine Realisierung war ohne EU-Unterstützung aufgrund seines Umfangs sowie des Mangels an Ressourcen, Zeit und Mitarbeitern nicht möglich. Es wird ein entscheidender Schritt sein, um unser Feld der empirischen Untersuchung von Kunsterfahrungen voranzubringen und eine Grundlage für die zukünftige Anwendung und Verständnis der Rolle von Kunst in Gesellschaft, Bildung und künstlerischer Praxis zu schaffen. Und es ist genau das Traumprogramm, welches ich mir immer gewünscht habe und die Universität Wien wie auch Österreich als weltweit führende Orte der empirischen Kunstforschung und der wissenschaftlich-künstlerischen Zusammenarbeit weiter festigen wird“.

Horizon 2020: 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation

Das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 ist das weltweit größte transnationale Programm für Forschung und Innovation. Rund 75 Milliarden Euro stehen im Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt als National Kontaktstelle (National Contact Point, NCP) ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot zur Verfügung. Diese Maßnahmen werden von mehreren Ministerien und der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt.

Kontakt

Dr. Kay FELDER
Dr. Kay FELDER
T 0043577554403

Weitere Informationen

Fact Box

Art*is - Art and Research on Transformations of Individuals and Societies

Projekttitel:Art and Research on Transformations of Individuals and Societies

Förderprogramm: Horizon 2020
Förderlinie: TRANSFORMATIONS-SC6-2019: Societal challenges and the arts
Projekttyp: Research and Innovation Action (RIA)

Projektkosten: 2,96 Mio. Euro
davon EU-Förderung: 2,96 Mio. Euro

Projektstart: 01.02.2020
Projektende: 31.07.2024

Projektkoordinator: Universität Wien, Fakultät für Psychologie

Koordinator: Matthew Pelowski
e-mail: matthew.pelowski@univie.ac.at
Tel.: +43 1 4277 47112