#Success-Story: Forschungen im Fichtenhimmel
Die Fichte als „Brotbaum“ der alpinen Forstwirtschaft gerät klimatisch unter Druck. Im Rahmen des BRIDGE-Projekts „Hochwald 2“ hat das Bundesamt und Forschungszentrum für Wald (BFW) 2017 am Hochwechsel ein Versuchsareal angelegt, auf dem beobachtet wird, welche Baumarten sich unter den geänderten Klimabedingungen in Hochlagen am besten bewähren.
Nachfolger für die Fichte gesucht: Das BFW testet am Wechsel 27 Baumarten auf ihre Hochlagen-Tauglichkeit.
Seit gut 100 Jahren ist die Fichte mit ihrem kräftigen Stammholzwuchs die mit Abstand wichtigste Baumart in der heimischen Forstwirtschaft. Sie macht rund 70 % des Bestands in österreichischen Wäldern aus. Dass diese Zahl seit Jahren leicht rückläufig ist, hat einerseits mit dem Erstarken des ökologischen Gedankens und mit dem Trend zum Mischwald zu tun; und andererseits setzt der Klimawandel im Alpenraum der Fichte zu.
„Die Wechsel-Region zwischen Niederösterreich und der Steiermark ist eigentlich Fichtenhimmel“, sagt der Forstökologe Robert Jandl vom Bundesamt und Forschungszentrum für Wald (BFW), „dennoch lässt sich seit Jahren beobachten, dass dort die natürliche Verjüngung nicht mehr klappt.“ D. h. anders als noch vor 20 Jahren wachsen auf freien Stellen die Bäume nicht mehr von allein nach. Die Forstexperten haben die veränderten Klimabedingungen als Ursache im Verdacht.
Wie Nadel- und Laubbäume auf Klimastress reagieren
Gemeinsam mit einem regionalen Forstbetrieb hat das BFW anno 2017 das Forschungsprojekt „Hochwald 2“ begonnen. Es wird von der FFG aus Mitteln des BRIDGE-Programmes unterstützt, das Forschungskooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft fördert. Auf 2 Hektar untersucht das BFW am Wechsel, welche Baumarten mit den geänderten Klimabedingungen in Lagen über 1.000 m Seehöhe gut zurechtkommen. „Wir haben einen Parzellenversuch mit 27 Baumarten gepflanzt, die derzeit in der Region kaum oder gar nicht vorkommen, die aber aufgrund von Expertenmeinungen Optionen für die Zukunft darstellen“, erzählt Robert Jandl. Neben der derzeit gängigen Hochlagen-Fichte wurden auch Fichtenherkünfte für Tieflagen gesetzt; weiters Lärche, Tanne, Zirbe, Drehkiefer und Douglasien-Herkünfte aus dem Nordwesten der USA. Außerdem wurden Laubhölzer gepflanzt, darunter Ahorn, Buche, Aspe, Weidengewächse, Mehlbeere, Birne und Kirsche. Für jede Baumart wurde eine Expertenmeinung über ihre Eignung formuliert. Insgesamt wurden 4500 Einzelbäume angepflanzt.
Bei der jährlichen Höhenmessung wird der Wuchs jedes Baumes als Kernkriterium erfasst, außerdem wird untersucht, wie die Bäume auf mildere Winter- und Frühjahrstemperaturen reagieren. „Wenn Baumarten durch wärmere Temperaturen früher austreiben oder sich die Vegetationsperiode verlängert, besteht die Gefahr, dass sie durch Früh- oder Spätfrost Schaden nehmen“, erklärt Robert Jandl. „Die Zirbe zum Beispiel lässt sich vom Klimastress nicht beeindrucken. Da kann es schon im Februar recht warm sein, sie wird trotzdem immer erst im Mai austreiben.“
Erste Tendenzen zeichnen sich ab
Auch wenn es nach knapp drei Jahren noch zu früh für eine endgültige Prognose ist, lassen sich auf den Versuchsflächen bereits erste Tendenzen ablesen. „Dass sich die Fichten aus allen Lagen gut entwickeln, haben wir erwartet“, sagt Robert Jandl. „Dass sich auch die Lärchen nicht stressen lassen, hat uns überrascht; und beim Ahorn, wo sich Anfangserfolge zeigen, sind wir noch etwas skeptisch“, meint der Forstexperte. Nachsatz: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht überinterpretieren. Ein bisschen ist es, als würde man ein Kind in der Gehschule beobachten und daraus ableiten wollen, ob es später einmal ein guter Geiger werden wird.“
Wenn das BRIDGE-Projekt im Herbst 2020 ausläuft, übernimmt das BFW das Versuchsgebiet in sein permanentes Forschungs- und Beobachtungsprogramm. Auf Basis von Einzelbaumsimulationen am Computer ist genau festgelegt, wann in den nächsten Jahren welcher Baum entnommen werden soll, um den anderen ein optimales Wachstum zu ermöglichen. Die Erkenntnisse aus dem Projekt werden in einer Abschlussveranstaltung im Herbst 2020 und in der Folge in Publikationen des BFW allen heimischen Forstbetrieben zugänglich gemacht.
Der Vorteil des BRIDGE-Programms
„Das BRIDGE-Förderprogramm der FFG ist sehr praxisorientiert ausgelegt“, resümiert Robert Jandl, der der Koordinationsstelle für Klimaprojekte des Forschungszentrums für Wald angehört. „Das kommt auch uns als Organisation sehr entgegen. Dadurch, dass die beteiligten Unternehmen bei BRIDGE Eigenleistungen einbringen müssen, ist ihr Engagement sehr hoch, und die Forschungsergebnisse werden von den Unternehmen stärker beachtet, als wenn man reine Auftragsforschung abliefern würde.“