Pflegende Angehörige - Entlastung und Unterstützung von betreuenden und pflegenden Angehörigen

Im Innovationsnetzwerk werden unter Einbeziehung der Zielgruppe neuartige digitale Lösungskonzepte zur Entlastung und Unterstützung von pflegenden Angehöriger entwickelt.

"Pflegende Angehörige"

 

Projektbeschreibung

Ausgangssituation

Rund eine Million Menschen in Österreich begleiten und unterstützen Familienmitglieder oder andere nahestehende Personen zu Hause oder aus der Ferne. Ihre Tätigkeiten umfassen Einkäufe, die Koordination von Arzt- und Therapieterminen, das Waschen von Wäsche, das Zubereiten von Malzeiten bis hin zu Unterstützung bei der Körperhygiene und Nahrungsaufnahme. Außerdem schenken sie Zeit, sind da und hören zu. Sie übernehmen diese Aufgaben meist freiwillig und unbezahlt, und stemmen damit bis zu 80% des anfallenden Pflege- und Betreuungsbedarfs. Die Unterstützung eines Angehörigen ist für viele eine bereichernde, aber auch herausfordernde Aufgabe. Sie kann sowohl körperlich als auch finanziell, emotional und/oder psychisch belastend sein. Ohne es zu merken, können fehlende Auszeiten und ein konstantes Gefühl der Verpflichtung zu Überforderung und Überlastung führen. 

Ziele

Ziel des „Innovationsnetzwerk zur Entlastung pflegender Angehöriger in Österreich“ war es neue digitale Entlastungs- und Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige zu entwickeln. Damit einher ging die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins und die Sichtbarmachung dieser oft nicht wahrgenommenen Sorgearbeit. In drei aufeinanderfolgenden einjährigen Innovationsprozessen wurden drei digitale Prototypen geschaffen. Im Mittelpunkt jedes Innovationszyklus standen jeweils Teilzielgruppen innerhalb der pflegenden Angehörigen und ihre spezifischen Bedürfnisse. Die entwickelten Lösungsansätze sollten anschließend in bestehende Angebote eingebunden werden oder sich zu einem eigenständigen Serviceangebot entwickeln. Die Entwicklung wirkungsvoller Entlastungs- und Unterstützungsangebote benötigt das Zusammenwirken von unterschiedlichen Disziplinen aus dem öffentlichen, privaten, sozialen und akademischen Sektor. Durch die Zusammenarbeit von pflegenden Angehörigen, Forschenden und Projektmitarbeitenden sowie dem Wissen aus der Pflegepraxis wurden die vorhandenen Kompetenzen erfasst und die gemeinsame Entwicklung von innovativen Lösungen vorangetrieben. 

Ergebnisse

Innovationszyklus 2021: Distance Carers

Als erste Zielgruppe nahm das Netzwerk die Gruppe der Distance Carers in den Fokus. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie mindestens eine Stunde von ihren Angehörigen oder nahestehenden Personen entfernt wohnen. Dennoch sind sie intensiv in den Alltag der gepflegten Person eingebunden. Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen für die Angehörigen, wie beispielsweise, dass sie im Notfall nicht spontan vor Ort sein können. Als Ergebnis des Innovationsprozess 2021/2022 steht LOTTA (https://www.youtube.com/watch?v=-WdTLiJA9pE), eine App zur Unterstützung von Netzwerken. Unterstützende Aktivitäten und Termine können innerhalb einer Gruppe und gemeinsam mit der unterstützungsbedürftigen Person koordiniert werden.  


Abbildung 1: Startscreen der LOTTA App

Innovationszyklus 2022: Pflegende Eltern

Im zweiten Innovationszyklus stellte das Netzwerk pflegende Eltern in den Mittelpunkt. Eltern, die sich um ihre pflegebedürftigen Kinder kümmern, sind die Expert:innen auf dem Gebiet der Pflege ihrer Kinder. Insbesondere Eltern von Kindern mit Behinderung stehen in den unterschiedlichen Lebensphasen ihrer Kinder immer wieder vor neuen Herausforderungen. Als Lösung brachte der zweite Innovationszyklus einen Podcast, von und für pflegende Eltern, hervor. Der Podcast erhöht einerseits die Sichtbarkeit und das Bewusstsein in der Gesellschaft und fördert andererseits das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb dieser Eltern. Eine Gruppe an pflegenden Müttern hat die Redaktion des Podcast mit Unterstützung aus dem Konsortium übernommen und möchte ihn über die Projektphase hinaus weiterführen. Dabei wird voraussichtlich der Konsortialpartner LebensGroß unterstützen. Der Podcast erscheint monatlich und ist verfügbar auf Spotify (https://open.spotify.com/show/4tduMIdednXOvp6CmIOAuS) und Apple Podcasts (https://podcasts.apple.com/us/podcast/pflegende-eltern-lebensgeschichten/id1708203687).  


Abbildung 2: Teaserbild des Podcasts "Pflegende Eltern: Lebensgeschichten"

Innovationszyklus 2023: junge Erwachsene mit Pflegeverantwortung

Im abschließenden dritten Zyklus widmete sich das Projektteam jungen Erwachsenen (ab 18 Jahren) mit Pflegeverantwortung. Die Pflegesituation startet oft schon in der Kindheit und bleibt über lange Zeit bestehen. Sie beeinflusst die Lebens- und Zukunftsplanung dieser jungen Menschen, erschwert Ausbildung und den Einstieg ins Berufsleben sowie die eigene Familienplanung. Als Lösungsansatz wurde an einem digitalen Alltagsbegleiter für junge Menschen mit Pflegeverantwortung gearbeitet, mit dem Titel „Bemerkenswert“ (https://www.youtube.com/watch?v=TUy1sZCu1Gs). In dieser App können junge Pflegende Momente ihres Alltags festhalten, gezielt an den für sie relevanten Lebensbereichen arbeiten und sich untereinander vernetzen. 


Abbildung 3: Startscreen der App „Bemerkenswert“

Online-Konferenz „Perspektiven und Potenziale für pflegende Angehörige“

Im Rahmen des Innovationsnetzwerks waren im 3-jährigen Förderrahmen jährliche Netzwerktreffen vorgesehen. Aufgrund der Covid-Einschränkungen wurde die erste Konferenz 2022 in den virtuellen Raum verlegt. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl, von fast 400 Teilnehmer:innen, wurden auch die nachfolgenden Konferenzen als Online-Konferenz geplant. Das Format stellt pflegende Angehörige in den Fokus und möchten ihnen Aufmerksamkeit und Anerkennung schenken. Indem sie Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis kombiniert, bietet die Konferenz allen Betroffenen und Interessierten relevante Inhalte, spannende Diskussionen und die Möglichkeit sich aktiv in die Diskussion einzubringen Im Online-Format ermöglicht sie eine ortsunabhängige Teilnahme.  Von 25.1 – 31.1. 2024 findet die dritte und letzte Konferenz (https://www.two-next-inclusion.org/konferenz2024/)  im Rahmen des Projektes statt. Alle Diskussionsrunden der bisherigen Konferenzen finden Sie zum Nachhören auf folgenden Websites:

Offene Forschungsfragen

Die Gruppe der pflegenden Angehörigen ist eine sehr diverse und in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen zu finden. Daher war bereits in der Forschung zum Projekt „Alles Clara – die App, die Pflegen leichter macht“ klar, dass es eine One-fits-all Lösung nicht geben wird. Aus diesem Grund wurde 2021 das Innovationsnetzwerk zur Entlastung pflegender Angehöriger ins Leben gerufen. In drei aufeinanderfolgenden jährlichen Innovationszyklen beschäftigte es sich mit der Gruppe der Distance Carer, pflegenden Eltern und jungen Erwachsenen mit Pflegeverantwortung. Am Beginn jedes Zyklus wurde die Teilzielgruppe im Rahmen einer Kick-off Veranstaltung ausgewählt. Diese Definition des Fokus war aufgrund der Vielfalt möglicher Teilzielgruppen nicht besonders einfach. Es bleiben klar weitere Teilgruppen der pflegenden Angehörigen, die im Zuge des Projekts nicht weiter beachtet werden konnten (wie zB. die Migrant Carer, Angehörige von an Demenz erkrankten Personen, etc).

Im Rahmen des Innovationsnetzwerkes entstand die Konferenz „Perspektiven und Potenziale für pflegende Angehörige“. Das Online-Format erlaubt eine ortsunabhängige und für die Zielgruppe der pflegenden Angehörigen niederschwellige Teilnahme. Mit mehreren Hundert Teilnehmer:innen aus Betroffenen, Interessierten, Pflegekräften und Expert:innen hat sich die Konferenz als offenes und österreichweites Format etabliert. Es besteht der Wunsch aller Konsortialpartner dieses Format beizubehalten und über die Projektperiode hinaus weiterzuführen und zu etablieren. 

Weitere offene Fragen stellen sich rund um die weiterführende Verwertung der entstandenen Forschungsergebnisse. 

Eckdaten

Programm/Ausschreibung

Laura Bassi 4.0 – Digitalisierung und Chancengerechtigkeit

Projektlaufzeit (von bis)

1. April 2021 (voraussichtlich) bis 30. März 2024

Projektpartner*innen

  • Two Next inclusion - Verein zur Förderung von sozialer, digitaler und finanzieller Inklusion
  • Caritas der Erzdiözese Wien
  • Lebenshilfe Graz und Umgebung -Voitsberg
  • Ludwig Boltzmann Gesellschaft
  • Semanticlabs GmbH

Kontakt

Nicole Traxler

nicole.traxler@two-next-inclusion.org

Zitat

„Die Pflege von Angehörigen kann jede und jeden in unserer Gesellschaft treffen – unabhängig von Bildungsgrad, Vermögen, Alter oder Geschlecht. Wir müssen heute gemeinsam anpacken, um für unseren größten Pflegesektor möglichst rasch Lösungen zur Entlastung und Unterstützung zu entwickeln – denn wir werden potenziell alle von ihnen profitieren.“ - Nicole Traxler