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Panel 1 >> Wertschöpfung mit Europa

Credit: FFG/Klaus Morgenstern

Thomas UHR
General Manager BRP-Rotax GmbH & Co KG and Vice President Powertrain BRP

Michaela FRITZ
Vizerektorin für Forschung und Innovation, Medizinische Universität Wien

Wolfram KRENDLESBERGER
Geschäftsführer und CFO, HELIOVIS AG

Andrea HÖGLINGER
Leiterin Bereich Europäische und Internationale Programme, FFG

Andreas GEISLER
Leiter Agentur Luft- und Raumfahrt, FFG

Moderation: Gerald GROSS, grossmedia

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Gross: In Zeiten in denen in Europa wieder Grenzen aufgebaut werden, ist die Förderung von Forschung umso wichtiger da Forschung vor Grenzen keinen Halt macht. Er betont die vielfältige Art und Weise der Unterstützung der EU für Programme, die in einem nationalen Kontext alleine nicht möglich wären, somit werden „Werte mit und durch Europa“ geschaffen. Gross stellt GesprächspartnerInnen vor.

Gross bittet Höglinger um eine ökonomische Betrachtung des Wertes von Europa für die Forschung.

Höglinger: Es wird oft auf Zahlen fokussiert, da diese verständlich und beeindruckend sind: 77 Mrd € sind für Horizon 2020 vorgesehen, 16 Mrd € davon bereits ausbezahlt und davon gingen 450 Mio € nach Österreich – eine gute Bilanz. 1000 Partner aus Österreich haben durch dieses Förderprogramm in Netzwerken mit 8000 Partnern aus ganz Europa zusammengearbeitet. Das stellt ein riesiges Potential auch abseits der rein ökonomischen Betrachtung dar, durch europäische Standards, den Austausch und die Vernetzung und die Möglichkeit, Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden. Sie versteht Europa als ein Kooperationsprojekt.

Gross stellt Uhr und sein Unternehmen in einem Video vor. Frage an Uhr: Was hat das mit Forschung und Entwicklung zu tun?

Uhr: Sein Unternehmen habe eine Exportquote von 98,7% und das nicht nur nach Europa sondern international. Die F&E-Quote liegt bei 8,7% seines Umsatzes, somit seien sie ein sehr forschungslastiges Unternehmen. Um ihre Rolle als Innovationsführer zu halten, ist ein entsprechend geeigneter Standort zentral.

Gross zu Krendlesberger: Welche Rolle spielt Europa für die Heliovis AG?

Krendlesberger: Sein Unternehmen beschäftigt sich mit der Energiegewinnung aus Sonnenlicht und möchte die alte Form der Bündelung des Lichts über Glasspiegel durch eine Kunststoffstruktur ersetzen. Sein Produkt stehe sich kurz vor dem Markteintritt, der Prototyp sei bereits in Spanien. Er hat 25 MitarbeiterInnen und 16 Mio € Risikokapital – davon 6 Mio € aus Förderungen (das meiste aus Horizon2020). Er kritisiert dass zu wenig Förderung aus Österreich käme.

Gross stellt Fritz vor. Frage: Wie stark ist die Forschung an der MedUni Wien international ausgerichtet?

Fritz: Die MedUni hat sich als starker Kooperationspartner in Österreich etabliert. Pro Jahr kommen in etwa 3300 Publikationen zustande, dreiviertel davon mit internationalen Ko-Autoren. Daran sieht man dass die Forschung hauptsächlich international ausgerichtet ist. Bis heute hat die MedUni Kooperationen mit 1400 Partner-Unis verwirklicht.

Gross: Wie sieht es mit der Kooperation mit der Wirtschaft aus?

Fritz: Der MedUni gehe es nicht nur um die finanzielle Wertschöpfung – der wichtigste Maßstab sei, das Wissen zum Wohle der PatientInnen generiert werde. Zu diesem Zweck bekäme die MedUni 80 Mio € an Forschungsgeldern pro Jahr.

Gross an Geisler: In letzter Zeit gab es große Erfolge in der Raumfahrt und im Weltall, vor allem seitens der EU und durch die EU. Wie hoch ist die öffentliche Wertschätzung?

Geisler: Durch die Landung der Sonde Philae auf dem Kometen Tschuri stieg die Popularität des Themas in der Bevölkerung stark an. Das ist in Nordamerika zwar normal, für Europa sei dies jedoch neu und das generiere weitere Aufmerksamkeit für das Thema. Die Wissenschaft ist sehr erfreut über aus solchen Missionen gewonnene Daten, aber die Bevölkerung sieht den Anwendungsnutzen der Weltraumforschung für das tägliche Leben als oberste Priorität. Ein weiteres Beispiel sei der Telekom-Sektor: Europa habe global einen Marktanteil von 35% - hauptsächlich durch die Satellitenplattform ALPHASAT, die mit österreichischer Beteiligung zustande kam. Im Vorjahr habe er den TUGSAT mitgehabt, den österreichischen Satelliten, heuer habe er ein Modell des ALPHASAT und einen Helikopter als Größenvergleich dabei.

Gross zu Uhr: Sein Unternehmen sei auf drei Kontinenten tätig, Europa, Asien, Nord- und Mittelamerika. Wo sehe er die Unterschiede?

Uhr: Die Produktion im Werk in Mexiko wäre um ein Vielfaches günstiger aber genauso gut wie hier in Österreich – eigentlich hätte er keinen Grund in Österreich zu bleiben, wären da nicht die hervorragenden Innovationsbedingungen. Die hohen Kosten, der zu große bürokratische Aufwand und die hohe Inflexibilität wären die größten Nachteile, während die gute Ausbildung der MitarbeiterInnen und die hohe Lebensqualität entscheidende Vorteile für Österreich wären.

Gross zu Krendlesberger: betont seinen positiven Beitrag in Themengebieten wie Klimawandel und Energieversorgung – welche Arten von Förderungen seien seiner Meinung nach wichtig?

Krendlesberger: kritisiert den bürokratischen Aufwand in Österreich in einem Beispiel: Notar, Steuerberater, zu hohe Steuern, Patente aus Eigenforschung können nicht als Gewinn aktiviert werden – das führe zu negativen Bilanzen und Problemen mit Lieferanten, Kunden, EU-Förderungen und der ständig drohenden Insolvenz. Dies sei im internationalen Vergleich anders, er nennt die USA als Beispiel. Dies wäre ein großer Missstand in Österreich. Weiters wünsche er sich eine aktivere private Industrie. Diese solle einen Netzwerkhub gründen, in dem kleine Unternehmen den Zugang zu EntscheidungsträgerInnen bekommen.

Gross an Fritz: Unis haben vermutlich andere Probleme – welche Bedeutung hat Horizon2020 für die MedUni?

Fritz: unterstützt Krendlesberger im Patentvorwurf, die MedUni habe das gleiche Problem. Zu Horizon2020: Die MedUni erhalte 20 Mio € aus diesem Fördertopf, das sei signifikant aber die dadurch ermöglichte Vernetzung sei gleich wichtig wie das Geld.

Gross an Geisler: Auch Österreich ist eine Weltraumnation, wenn auch eine relativ kleine. Welchen Mehrwert bietet Österreich für die EU/ESA-Aktivitäten?

Geisler: Österreich verfügt über wichtige Nischenkenntnisse und liefert spezielle Technologien in spezifischen Bereichen, ist aber auch als „Brückenbauer“ aktiv. Das hohe Maß an sozialen Werten das Österreich einbringt, sei auch an den vielen Österreichern ersichtlich die in EU-Programmen vertreten sind. Österreich ist im Hightech-Sektor sehr gut aufgestellt.

Gross zu Höglinger: Österreich gibt zwar viel Geld für Forschung aus, ist aber bei Innovationsrankings auf den hinteren Plätzen – warum?

Höglinger: Man muss hinterfragen welche Kriterien bei diesen Rankings angewendet werden. Aber es sei richtig, Österreich müsse noch mehr investieren – in Grundlagenforschung, zur Unterstützung von Start-Ups, in das Erschaffen und Nutzen von Netzwerken und internationaler Kooperationen. Ein Ziel dieser Vernetzung sei es auch, den internationalen Markt über die Partner zu öffnen. Dies bringe einen positiven Transfer sowohl was Geld, als auch was Werte und Wissen betrifft. Zur Auflösung der TED-Frage: es gebe große Unsicherheit und Zweifel über den Brexit – was verständlich sei, da Großbritannien Österreichs zweitstärkster Kooperationspartner ist – aber sie könne versichern dass alle Vertragsunterzeichnungen vor dem Datum des tatsächlichen Austritts gültig bleiben und die Förderungen auch ausbezahlt werden.

Kontakt

Dr. Andreas GEISLER
T 0043577553001

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