Was war für Sie der Anlass, Maßnahmen im Bereich Chancengleichheit in Angriff zu nehmen?
Mehr Forscherinnen ans VRVis zu holen, war uns trotz der geringen Zahl an Frauen bzw. Studien-Absolventinnen im Computergrafikbereich seit Langem ein Anliegen. In einem ersten Schritt wurde vor allem der Bereich Vereinbarkeit adressiert, was den Forscherinnenanteil langsam erhöhte. Ende 2016 lag dieser bei 10,2% (FTE) bzw. 13% (HC) und spiegelte den Frauenanteil bei den Studienabschlüssen in Informatik wider. Ein erster Erfolg also, aber für das VRVis nicht genug. Wir wollten unsere Anstrengungen intensivieren, um den Anteil der Forscherinnen bis 2020 noch einmal zu verdoppeln. Der Antrag eines FEMtech Karriere Projekts war der ideale nächste Schritt, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen.
Welche Maßnahmen konnten Sie durch das geförderte Projekt umsetzen?
Eine Status-quo-Erhebung bescheinigte uns ein ausgezeichnetes, nichtdiskriminierendes Arbeitsklima. Wir setzten mit unseren Chancengleichheitsbemühungen in den beiden Bereichen mit der größten Hebelwirkung an, nämlich Kommunikation (intern wie extern) und Personalwesen (insbesondere Rekrutierung). Begleitet wurden alle Maßnahmen durch die Erhöhung der Genderkompetenz: Alle Kolleginnen und Kollegen waren eingeladen, an Themenworkshops teilzunehmen und sich in den internen Diskurs einzubringen.
Was hat sich für die Frauen in Ihrem Unternehmen verändert? – Und was für die Männer? Welche positiven Entwicklungen sehen Sie generell?
Die größte Veränderung ist, dass die Frauen im Team und deren Anliegen mehr Gewicht im Unternehmen bekommen haben. Vor allem das Management hat sich der Chancengleichheit verschrieben und die Bedeutung von Diversität für den Unternehmenserfolg erkannt. Durch die Durchmischung der Belegschaft ist das Miteinander bereichernder geworden und der Wohlfühlfaktor im Unternehmen für Frauen wie Männer gestiegen. Für den adaptierten Webauftritt als auch die Berichterstattung in Presse und Social Media bekommen wir viel positives Feedback von Kolleginnen und Kollegen sowie Kundinnen und Kunden. Ebenso sind die Initiativbewerbungen gestiegen. Durch die Umgestaltung des Rekrutierungsprozesses konnte der Forscherinnenanteil bis Projektende bereits auf 25% (HC) bzw. 22,9% (FTE) gesteigert werden.
Frage an Mitarbeiterin Maria Wimmer (seit 2012 im Bereich Biomedizinische Informatik am VRVis): Was hat sich durch die Maßnahmen für Sie persönlich verändert und wo sehen Sie im Unternehmen Veränderungen?
Ich war es lange Zeit gewohnt, in einem sehr männerdominierten Feld tätig zu sein. Angefangen in einer technischen HTL bis hin zum Informatikstudium an der TU Wien. Der Frauenanteil war nie sehr hoch. Dann bin ich als Studentin für ein Praktikum mit anschließender Masterarbeit ans VRVis gekommen und arbeitete in einer Gruppe mit einer Frau in Führungsposition. Vor allem durch das FEMtech Karriere Projekt und die dadurch gesetzten Maßnahmen und Schulungen, wie z.B. die inklusivere Gestaltung von Webauftritt, Social Media, Stellenausschreibungen, gesteigerte Transparenz etc., merkt man sehr deutlich, wie VRVis auf nationaler und internationaler Ebene Frauen aus verschiedensten Bereichen erreicht und diese sich angesprochen fühlen.
Maria Wimmer ist im Bereich biomedizinischer Visualisierung tätig. © VRVis
Der Umgang und das Klima untereinander in der Arbeitsgruppe, aber auch bei den gemeinsamen Mittagspausen über die Projektteams hinweg hat sich durch die gesteigerte Diversität (nicht nur in Bezug auf Geschlecht, sondern auch Fachrichtung) sehr zum Positiven verändert. Auch wenn ich es davor nicht als schlecht empfunden habe. Es ist jetzt einfach anders, weil es nicht mehr so einseitig ist. Ich denke davon profitieren alle.
Möchten Sie zum Thema Chancengleichheit noch etwas sagen oder anderen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Alle Bemühungen, egal welcher Art, Chancengleichheit im Unternehmen herzustellen, sind wichtig und richtig. Auch wenn sich der Erfolg nicht von heute auf morgen zeigt. Vielmehr ist das „Gendern“ auf allen Ebenen ein langfristiger Prozess. Rückschläge und Hindernisse gehören zum Geschäft. Wichtig ist der Wille des Managements, die Dimension „Gender & Diversity“ bei Entscheidungen fortlaufend mitzudenken und sich mit deren Auswirkungen auseinanderzusetzen. Am besten liegt das Augenmerk darauf, gemeinsam mit der Belegschaft nach praktikablen Lösungen für das eigene Unternehmen zu suchen. Davon profitieren letztlich nicht nur die Frauen im Unternehmen, sondern alle Mitarbeitenden und dadurch das Unternehmen als Ganzes.