Herr Professor Baumjohann, was ist für Sie das Besondere und Faszinierende an Rosetta?
Kometen gelten als Bausteine unseres Sonnensystems. Sie haben vermutlich das Wasser und vielleicht sogar die Grundbausteine des Lebens auf die Erde gebracht. Sie faszinieren die Menschen seit jeher und werfen noch immer zahlreiche Fragen auf, die mit Rosetta hoffentlich beantwortet werden können.
Rosetta ist die erste Raumsonde, die in eine Umlaufbahn um einen Kometen eingeschwenkt ist und diesen nun über einen längeren Zeitraum aus nächster Nähe erforscht. Was wie Science Fiction klingt, wird im November vielleicht wahr: Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt wird auf einem Kometen gelandet, um vor Ort Messungen durchzuführen.
Was ist Ihre Rolle im Zusammenhang mit Rosetta?
Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist an fünf wissenschaftlichen Messgeräten an Bord von Rosetta beteiligt. Zahlreiche Mitarbeiter haben jahrelange Entwicklungsarbeit, Wartezeit und ihr ganzes Herzblut in diese Mission gesteckt und können es kaum erwarten, endlich die ersten Daten auszuwerten. Unter der Leitung des IWF wurde in internationaler Zusammenarbeit das Rasterkraftmikroskop MIDAS entwickelt und gebaut. Dieses Gerät soll winzige Kometenstaubteilchen untersuchen, die freigesetzt werden, sobald sich der Komet der Sonne nähert. Außerdem ist das IWF an zwei Magnetfeldmessgeräten (an Bord von Orbiter und Landesonde) und einem Massenspektrometer beteiligt und hat an den Ankerharpunen mitgearbeitet, mit deren Hilfe sich die Landesonde am Kometen festklammern soll.
Welche Bedeutung hat Rosetta für den Technologiestandort Österreich?
Rosetta ist das beste Beispiel dafür, dass auch kleine Länder Großes leisten können. Wie bei zahlreichen anderen ESA-Missionen ist der Beitrag Österreichs auch bei Rosetta überproportional hoch: Das IWF hat an einem Viertel aller wissenschaftlichen Messgeräte an Bord des Kometenjägers mitgearbeitet! Mit der – teilweise federführenden - Beteiligung an Weltraummissionen von ESA, NASA und Co. nimmt Österreich die Herausforderung an, Spitzentechnik für extreme Bedingungen zu entwickeln und ist damit so erfolgreich, dass es in manchen Bereichen an vorderster Front mitmischt.