Arbeitsgruppe Digitale Inklusion und Partizipation

Ein rein analoges Leben, Digital Detox – viele träumen davon. Aber wie geht es jenen, die das leben müssen, vielleicht ohne es zu wollen? Was fehlt ihnen? Wie gehen sie in der Gesellschaft nicht verloren? In vielen Bereichen wird so ein Leben immer schwieriger und auch teurer – die Zusammenhänge zwischen digitaler Exklusion und sozialer Exklusion sind mittlerweile gut belegt. Zumindest so etwas wie digitale Grundkompetenzen und der Zugang zu Geräten (z.B. Smartphone und Internetzugriff) bilden immer entscheidendere Voraussetzungen für soziale, kulturelle und ökonomische Teilhabe. 

 

Sujet der Arbeitsgruppe „Digitale Inklusion und Partizipation“. Darauf ist ein älterer Herr zu sehen, der mit einem Laptop arbeitet und ein Portraitfoto der Arbeitsgruppen-Leiterin Nadja Bergmann. Sie sagt: „Ungleichheiten im Zugang zu digitalen Tools und Kompetenzen können soziale Ungleichheiten verschärfen“.

 

Die zentralen Fragen der Arbeitsgruppe „Digitale Inklusion und Partizipation“ waren daher : 

  • Was heißt es konkret, digital nicht teilhaben zu können?
  • Was gibt es für Gründe dafür?
  • Was braucht es für die „digitale Inklusion“ (als Beispiel im Sozial- und Gesundheitsbereich)?

Teil der Arbeitsgruppe waren neben der Leiterin Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung) auch Irene Besenbeck (OeAD – Geschäftsstelle für Digitale Kompetenzen), Brigitte Krenn (Österreichisches Forschungsinstitut für Artificial Intelligence), Astrid Langwieser (Frauengesundheitszentrum FEM Süd), Philipp Maier (Volkshilfe Wien), Burgi Recheis (ifdp-institute for digital participation) und Maria Schimpf (TU Wien).


ONLINE-BEFRAGUNG „Digitale Kompetenz für alle“

Auf Basis bestehender Studien über die Internetnutzung und digitale Kompetenzen in Österreich und der beruflichen Hintergründe der Arbeitsgruppenmitglieder hat die Arbeitsgruppe Mitte 2022 eine Online-Befragung zu Strategien, Ansätzen und Angeboten zur Vermittlung digitaler Basiskompetenzen bislang wenig erreichter Personen(-gruppen) durchgeführt. 

„Wir wollten vertiefende und vor allem sehr konkrete Ergebnisse und Empfehlungen erarbeiten. Um sowohl Exklusions- als auch Inklusionsmechanismen digitaler Teilhabe möglichst konkret anschaulich zu erfassen, haben wir den Sozial- und Gesundheitsbereich als Handlungsfeld ausgewählt“, so die Arbeitsgruppenleiterin Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung). 

Die Ergebnisse der Befragung sowie die abgeleiteten Empfehlungen wurden bei mehreren Laura Bassi 4.0. Netzwerkveranstaltungen sowie bei der Konferenz „Technikfolgenabschätzung aus Arbeitnehmer*innenperspektive“ der AK Vorarlberg am 24.11.2022 vorgestellt und diskutiert.

Sie können die Ergebnisse und Empfehlungen hier als pdf-File herunterladen: „Digitalisierung für alle – Digitalisierung bottom up!“ von Nadja Bergmann, Irene Besenbäck, Brigitte Krenn, Astrid Langwieser, Philipp Maier, Burgi Recheis, Maria Schimpf. Stand Jänner 2024

  • Die Umfrageergebnisse legen nahe, dass digitale und soziale Exklusion wechselseitig aufeinander einwirken und sich verstärken
  • Als zentrales Problem, wieso digitale Teilhabe nicht möglich ist, sehen die Befragungsteilnehmenden fehlende Ressoucen (zur Anschaffung technischer Ausstattung, zur Aneignung notwendiger Kompetenzen,…).
  • Die Umfrageteilnehmenden betonen, dass Angebote im Bereich digitaler Basisbildung noch viel niederschwelliger, zielgruppenorientierter und leistbarer sein sollten als bisher – und es braucht Präsenzangebote. 

 

EMPFEHLUNGEN: Digitalisierung für alle – was fehlt, was wird benötigt? Am Beispiel des Sozial- und Gesundheitsbereichs

Auf Basis der Onlinebefragung sowie der unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und Perspektiven der Arbeitsgruppenmitglieder wurden Empfehlungen erarbeitet, die im Kurzpapier ebenfalls beschrieben werden.

Die Einflüsse von digitaler Exklusion und mangelnder digitaler Partizipation werden am Beispiel der Auswirkungen des digitalen Transformationsprozesses auf den Bereich der Gesundheit aufgezeigt. Dafür wurden von der Arbeitsgruppe sowohl die österreichischen Gesundheitsziele als auch die SDGs herangezogen. 

Kurzzusammenfassung der Ergebnisse (eine ausführliche Beschreibung finden Sie hier.

  • Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern (SDG 3) - Die Digitalisierung kann gesundheitsförderliche Lebens- und Arbeitsbedingungen nachhaltig fördern, wofür jedoch niederschwellig zugängliche Ressourcen in Bereichen ohne oder nicht ausreichend gesicherte Finanzierung benötigt werden.
  • Für gesundheitliche Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und sozioökonomischen Gruppen, unabhängig von der Herkunft, für alle Altersgruppen sorgen (SDG 10) - Da sich das Gesundheitssystem ebenfalls in einem Prozess von E-Health zu D-Health befindet, werden all jene Gruppen automatisch ausgeschlossen oder benachteiligt, die eine mangelhafte digitale Ausstattung oder Kompetenz aufweisen.
  • Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken - Auch die Digital Health Literacy der Bevölkerung muss gestärkt werden, um einen gesunden Umgang mit digitalen Medien ebenso wie eine kritische Medienkompetenz in Bezug auf faktenbasierte Gesundheitsinformationen zu fördern.
  • Durch sozialen Zusammenhalt die Gesundheit stärken - Nachbarschaftliches und freiwilliges Engagement sind Grundpfeiler einer empathischen Gesellschaft und zu deren Erhalt notwendig. Die Digitalisierung kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten, sollte hier aber eine Partizipation marginalisierter Gruppen ermöglichen und fördern.
  • Gesundes Aufwachsen für alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich gestalten und unterstützen (SDG 4) - Bildung ist dabei ein wesentlicher Bestandteil, weshalb auch digitale Grundbildung und kritische Medienbildung für alle gleichermaßen gefördert werden sollten.
  • Psychosoziale Gesundheit bei allen Bevölkerungsgruppen fördern - Die digitale Transformation bietet Chancen im Sinne einer Förderung der psychosozialen Gesundheit, beispielsweise für Awareness, Blended Therapy etc., wofür diverse Kanäle genutzt werden können. Auch in diesem Fall muss auf Partizipation und Chancengerechtigkeit für alle Gruppen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene geachtet werden.
  • Qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung für alle nachhaltig sicherstellen - Die digitale Transformation kann einerseits die qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung durch neue Tools und Methoden fördern, andererseits werden aber in diesem Fall Gruppen mit niedriger digitaler Kompetenz oder fehlenden Ressourcen bei der Finanzierung von Hard- und Software benachteiligt. Bereitstellung von finanziellen Mitteln und Fortführung des Laura Bassi Programmes oder ähnlicher Programme


„Das Ziel einer „Digitalisierung für alle” braucht (politischen) Willen sowie eine entsprechende Finanzierung innerhalb und außerhalb des Rahmens bestehender oder zukünftiger Digitalisierungsstrategien“, so die Arbeitsgruppenleiterin Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung).
 

Im Rahmen des Programms Laura Bassi 4.0 der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wurden in den letzten Jahren vielversprechende Projekte gefördert. Die Fortführung dieser Förderung wird aus Sicht der Arbeitsgruppe als zentral gesehen, da nach wie vor Förderungsmöglichkeiten zur Erreichung der genannten Zielgruppen und Ziele erforderlich sind. Aus dem Netzwerk Laura Bassi 4.0 sind in den letzten Jahren vielfältige innovative Projektideen entstanden – Ideen, um mit den genannten Zielgruppen im Hinblick auf Digitalisierung mittels eines inter- und transdisziplinären Zugangs gemeinsam zu arbeiten. Eine Finanzierung entsprechender Initiativen rund um die Ermöglichung einer „Digitalisierung für alle” ist nach wie vor wichtig und wünschenswert.


Die Arbeitsgruppe  "Digitale Inklusion und Partizipation“ entstand als Arbeitsgruppe des Netzwerkes  "Laura Bassi 4.0 – Digitalisierung und Chancengerechtigkeit“, das sich seit Herbst 2020 als Begleitaktivität des Forschungsprogramms Laura Bassi 4.0 für die Umsetzung von chancengerechter Digitalisierung einsetzt.

Das Netzwerk Laura Bassi 4.0 – Digitalisierung und Chancengerechtigkeit wird über das FFG-Programm „Laura Bassi 4.0“ abgewickelt. Die Finanzierung erfolgt über Mittel der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung sowie des Österreich-Fonds. Die Umsetzung erfolgt mit freundlicher Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).  
Die Organisation und Begleitung des Netzwerks erfolgt durch die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) zusammen mit JOANNEUM RESEARCH POLICIES.

Kontakt:   
Mag.a Nadja Bergman, L&R Sozialforschung, bergmann@lrsocialresearch.at