Karl Aiginger:
Wir wissen, dass Forschung nicht nur dem Einzelnen etwas bringt, sondern einen größeren gesellschaftlichen Ertrag. So würde es rein nach dem privaten Ertrag zu wenig Forschung geben. Wenn ich einen Euro für mich, für meine Firma ausgebe, gibt es auch einen Ertrag für andere. Es ist die Aufgabe des Staates, dort einzugreifen, wo positive Auswirkungen zu erwarten sind. Wenn mehr Forschungsmittel und steuerliche Vorteile da sind, wird auch mehr geforscht. Aus Sicht der Markwirtschaft ist es wichtig, mehr zu forschen, gleichzeitig aber darauf zu schauen, dass es der Umwelt gut geht.
Wir müssen uns auch anschauen, wo geforscht wird. Natürlich dort, wo eine angenehme Umgebung für Forschung geschaffen wird. Der Forschungsstandort ist wichtig. So manches internationale Projekt hängt daran, ob es staatliche Unterstützung gibt. Es gibt einen Wettkampf um die Headquarters. Es gibt einige Firmen, die Headquarters nach Asien verlegt haben.
Empfehlungen des WIFO: Die Ziele der Forschungsstrategie wurden teilweise übernommen, die Ziele wurden durchgesetzt. Die front-runner Strategie muss von Österreich gemacht werden. Es wurde versucht, die richtigen Strukturen zu schaffen und die Programme zu fokussieren.
Österreich hat eine Forschungsquote von ca. 2,7%, die Schweiz hat weit über 4%. Die Schweiz hat eine völlig andere Ausgangssituation. Die Schweizer haben Headquarters, die in Österreich gar nicht vertreten sind. Sie haben seinen sehr hohen Anteil in den Naturwissenschaften. Es geht darum, das gesamte System hinaufzufahren. Im Moment nimmt die öffentliche Hand das Geld nicht in die Hand.
Gesellschaftliche Herausforderungen: finanzielle Stabilität, Alterung, Klimawandel. Diese Herausforderungen werden wir ohne Technologie nicht bewältigen können. Wie werden alle älter…
Weniger Geld zu haben ist kein Naturgesetz. Wir müssen schauen, dass wir mehr Geld haben. Man sollte den Kleinen mehr Geld geben. Strategien müssen entwickelt werden, um private Geldmittel zu mobilisieren. Dafür müssen an Unis Kooperationen entwickelt werden und Kooperationen zwischen Industrie und Universitäten gestärkt werden. Kann man Hörsäle auch im Sommer nutzen? Auch könnten Stiftungen als Forschungsgelder verwendet werden. Wir brauchen missionsorientierte Programme um gesellschaftliche Probleme zu verfolgen. Auch sollten Bund und Länder Innovationen im öffentlichen Bereich zusammen leisten. Konkrete Ziele sollen dabei festgesetzt werden und Konsequenzen bei Nichterreichen durchgesetzt werden. Wichtig ist es, eine Basis in der Industrie zu haben, und die öffentliche Hand hilft mit Geld und Vernetzung. Wir haben riesige Ausgaben für Gesundheit! Was sind die Ziele, die in einem Projekt gemacht werden? Werden sie erreicht? Das muss Konsequenzen haben. Wichtige Schwerpunkte: Qualifizierung, Ökologie. Bottom-up Schwerpunkte sollen auch gefördert werden im Sinne von Clustern entstehen lassen. In der Grundlagenforschung schauen wir, wo vermehrt Anträge eingereicht werden und wie Schwerpunkte durch z.B. Universitäts-Fachhochschullehrgänge gesetzt werden sollten. Jede Agentur gehört 1-2 Ministerien. Umstrukturierung in der öffentlichen Hand ist ganz schwer. Jeder ist eingeladen, in der eigenen Organisation Grenzen zu verschieben. Je weniger Druck durch den Markt vorhanden ist, desto langsamer wird eine Reorganisation.
Silvia Angelo:
Die Systemevaluierung empfiehlt die indirekte Förderung, das sehen wir sehr kritisch, weil durch Forschung ein Mehrwert geschaffen wird. Forschungsförderung wird manchmal als kurzfristiger Konjunkturimpuls gesehen. Tatsächlich ist sie aber eine mittelfristige Maßnahme, um z.B. zu gut ausgebildeten Personen zu kommen. Es braucht kein Plädoyer für ausgabenseitige Budgetsanierung. Wettkampf: Forschungsförderung als Standortwettbewerbsfrage zu diskutieren, ist problematisch. Forschungsförderung soll Anreize für neue Jobs schaffen, und soll nicht als Vorwand verwendet werden.
Die größten Chancen am Arbeitsmarkt sehe ich in den Forschungsbereichen Umwelttechnologien, Energie usw. Das was wir jetzt unter „green jobs“ verstehen, ist heute end-of-pipe: also sehr stark im Bereich Abfallentsorgung, Abwasser usw. angesiedelt. Besser wäre es, wenn green jobs zu „good jobs“ werden würden. Es sind wenig die Ingenieure dabei. Da sind große Chancen.
Anton Plimon:
Die Schwerpunktsetzung im AIT erfolgt einerseits missionsorientiert. Grundsätzliche gesellschaftliche Probleme werden behandelt. Zweitens orientiert sie sich an Themen, wo es in Österreich ein hohes Umsetzungspotenzial gibt. Die Themen mit Wachstum sind Energie, Mobilität, Safety, Security, Assisted Ambient Living (AAL).
Die Themenstellung und –auswahl ist sehr spannend, jeder verteilt die Themen sehr genau. Ein Drittel wird nicht mehr so verfolgt wie noch vor drei Jahren. Aber auch Änderungen im Nutzerverhalten und nicht unbedingt Grand Challenges der Gesellschaft werden aufgegriffen. Die danach gerichteten thematischen Umgestaltungsprozesse sind oft sehr schwierig und verlangen Durchsetzungsvermögen.
Der Transfer von der Forschung zur Wirtschaft funktioniert am besten in einem System. Da, wo das Gesamtverhalten eines Systems untersucht/geforscht werden kann, funktioniert es am besten.
Der FWF sagt, wir fördern die Besten, und das ist der Punkt. In der Mittelmäßigkeit ist das Geld verloren.
Dorothea Sturn:
Wie notwendig sind Schwerpunktsetzungen in der Grundlagenforschung?
1) Der FWF setzt permanent Schwerpunkte, 2) Der FWF hilft auch Universitäten und Forschungseinrichtungen Schwerpunkte zu stützen und 3) Der FWF setzt Schwerpunkte, weil er Exzellenz fördert, und nicht die Schlechten. Z.B. bekommen die Quantenoptik und die Mathematik vom FWF sehr viel mehr Geld als andere Disziplinen. Die Mittelvergabe beim FWF ist sehr stark kompetitiv organisiert. Auch steht der Aufbau von Zentren im Mittelpunkt, um eine bessere Zusammenarbeit zu ermöglichen. Die Neugierde wird in den Mittelpunkt gestellt. Was passiert, wenn die Neugierde treibt? Manchmal schaut es so aus, als wäre etwas für nichts gut, und am Ende hat es doch einen großen Nutzen, einen großen Durchbruch. Forschung muss auch in das Rampenlicht gestellt werden. So gesehen ist Forschung eine Kulturleistung. Grundlagenforscher sind keine verwirrten Menschen, die in irgendwelchen Kellern vor sich hin forschen und vom FWF als Hartz IV leben. Grundlagenforschung ist hochkompetitiv, sie liefert einen zentralen Beitrag. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem, was wir an Herausforderungen haben und dem was die Forschung tut.
Zur Frage Grundlagenforschung versus angewandte Forschung: Man braucht in Österreich keine Angst zu haben, dass in irgendeine Forschung zu viel Geld hineinfließt. Analogie zur Schweiz: Die Schweiz hat keine unternehmensbezogene Forschung, trotzdem fördert sie sehr viel. Der Forschungsstandort ist so hervorragend, die könnten das Doppelte brauchen. Sie haben aber auch ein Klientel, das das Geld gut abholen kann.
Roland Sommer:
In ihrem eigenen Bereich wissen Unternehmen sehr genau, was sie brauchen. Sie investieren aber zuviel in den internen Wissensaufbau. Es gibt sehr viele Herausforderungen, die von der öffentlichen Hand abhängen. Da muss es Anreize von der öffentlichen Hand geben. CO2 Abgabe, externe Kosten sollen neutralisiert werden. Es gibt auch viele Bereiche, wo die Technologien reif sind, der Markt aber noch nicht die Produkte aufnimmt. Wenn es Anreize gibt, einen Markt zu schaffen, könnte das sehr helfen.
Es gibt eine Vielzahl von Herausforderungen. Einige sind mit Programmen abgedeckt, z.B. Intelligente Produktion. In den Ländern mit starker Industriebasis sind die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen. Green Jobs ist ein unglücklicher Begriff, greening jobs wäre besser. „Brown jobs“ sind nicht im Umweltbereich angesiedelt. Hier gibt es eine zunehmende Komplexität.
Die Geschwindigkeit im Innovationszyklus wird noch zunehmen, die Industrie reagiert sehr schnell. Aber es gibt keine Produktionszyklen von drei Jahren in der Flugzeugindustrie. Unternehmen gehen zunehmend Kooperationen ein, mit anderen Unternehmen, mit Forschungseinrichtungen. Österreich ist Nischenweltmeister. Meistens auch als Technologieführer. Österreichische Unternehmen sind stark in Kooperationen vertreten und sehr gut positioniert.
Glenck: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie am österreichischen Innovationssystem ändern?
Sommer: Wir brauchen eine Bildungsreform, da ist ein Riesenpotenzial drinnen.
Angelo: Es braucht gute Arbeitsbedingungen, man muss die Personen in den Mittelpunkt stellen.
Gohm: Wir brauchen eine Vereinfachung des Systems, dieses ist zunehmend verworren.
Aiginger: Budgetkonsolidierung in den nächsten 5 Jahren. Weniger Kosten in der Administration, mehr in der Bildung.
Plimon: Humanressourcen haben noch Wachstumsmöglichkeiten.
Sturn: ForscherInnen sollen eine faire Chance bekommen, ihre Pläne umzusetzen.